Beschäftigtendatenschutz 4.0 – Alles bleibt neu
Der Schutz von Beschäftigtendaten wird bereits seit den 1970er-Jahren thematisiert und hat im Laufe der letzten Jahrzehnte nicht an Brisanz verloren. Nicht zuletzt aufgrund der Datenschutzgrundverordnung (DSG-VO) ist das Thema Beschäftigtendatenschutz wieder in den Fokus vieler Unternehmen gerückt. Dazu dürfte auch das neue, deutlich härtere Sanktionsregime (Geldbuße in Höhe von bis zu 4% des weltweiten Jahresumsatzes) beigetragen haben. Von der Rekrutierung von Mitarbeitern bis zur effizienten Gestaltung von Arbeitsabläufen bietet die moderne Arbeitswelt vielfache Möglichkeiten, deren Zulässigkeit jedoch mit den geltenden datenschutzrechtlichen Vorschriften im Einklang stehen muss.
- e-Recruting
- People-Analytics
- Smart Factory
sind nur einige wenige Schlagwörter, die die (neue), sich rasant weiterentwickelnde Arbeitswelt beschreiben.
„e-Recruting“ – die moderne Form der Personalgewinnung
Viele Unternehmen erwarten heute, dass Bewerbungen nicht mehr in Papierform erfolgen, sondern von den Bewerbern mindestens per E-Mail verschickt oder die Bewerbungsunterlagen auf einem Bewerbungsportal des Unternehmens hochgeladen werden. Dieses Vorgehen hat jedoch einen entscheidenden Nachteil: Mitarbeiter müssen die eingehenden Bewerbungen sichten, vorsortieren, Termine für Bewerbungsgespräche vereinbaren und Ablehnungsschreiben verfassen. Dies kann bei einer Vielzahl von Bewerbern mühsam sein.
Hier gibt es Programme, die genau diese Aufgaben übernehmen. Doch darf der Arbeitgeber die Personalauswahl einem Computer überlassen? Art. 22 Abs. 1 DSG-VO schreibt vor, dass Personen, also auch Bewerber, nicht ausschließlich einer auf automatisierter Verarbeitung beruhenden Entscheidung unterworfen werden dürfen, wenn diese nachteilig ist. Scheitert die Bewerbung nicht bereits an formalen Voraussetzungen, z.B. fehlenden Angaben oder Unterlagen, wird deswegen abschließend ein Mitarbeiter beurteilen müssen, ob der Bewerber geeignet ist.
Ist eine Vorauswahl getroffen, folgt im Anschluss ein Bewerbungsgespräch. Immer größerer Beliebtheit erfreuen sich Bewerbungsgespräche per Videokonferenz, z.B. über Skype. Überwindet die Videokonferenz lediglich die räumliche Trennung der Teilnehmer, bestehen keine wesentlichen datenschutzrechtlichen Besonderheiten. Anders stellt sich die rechtliche Situation dar, wenn die Videokonferenz aufgezeichnet oder diese mithilfe von Software zur Bild- und Sprachanalyse ausgewertet werden soll. Hier bedarf es einer Prüfung im Einzelfall, ob dies noch im Einklang mit § 26 Abs. 1 S. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) verhältnismäßig ist.
„People-Analytics“ – die Optimierung von Mitarbeitern und Arbeitsabläufen
Arbeitgeber verfügen über große Datenmengen, die dafür genutzt werden können, Arbeitsabläufe, den Einsatz von Mitarbeitern und die Mitarbeiter selbst zu optimieren. Mithilfe von Algorithmen werden mittlerweile selbstverständlich Arbeitsabläufe optimiert, z.B. entschieden, in welchem Regal eines Lagerhauses welche Ware eingelagert wird oder welche Routen die LKWs einer Spedition unter Berücksichtigung des Verkehrs am besten nehmen. Dies ist datenschutzrechtlich unproblematisch, solange keine personenbezogenen Daten, d.h. Daten von Mitarbeitern verarbeitet werden.
Anders ist es hingegen zu beurteilen, wenn gezielt Informationen über Mitarbeiter genutzt werden sollen, um Arbeitsabläufe zu optimieren, z.B. bei der idealen Zusammensetzung einer Projektgruppe. Zu denken ist hier etwa an die Fähigkeiten und Kenntnisse der Mitarbeiter, aber auch deren Verhaltensweisen. Bei zeitkritischen Projekten wird der Arbeitgeber die Mitarbeiter auswählen, von denen er aufgrund einer Persönlichkeitsanalyse weiß, dass sie zuverlässiger und belastbarer sind. Die Zulässigkeit ist auch in solchen Fällen – wenn keine wirksame Einwilligung des Mitarbeiters vorliegt – an § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG zu messen. Eher unproblematisch sind Fälle, in denen der Arbeitgeber seine Entscheidung lediglich auf Grundlage der fachlichen Eignung, z.B. einer bestimmten Ausbildung, vornimmt. Einer genaueren Prüfung bedarf hingegen der Rückgriff auf eine Persönlichkeitsanalyse.
„Smart Factory“ – die intelligente Fabrik
Die „intelligente“ Fabrik ist mit Kameras und Sensoren ausgestattet (cyber-physische Systeme, kurz CPS), die fortlaufend den Produktionsprozess überwachen, den Waren- und Materiallauf verfolgen und permanent Daten austauschen. Die Mitarbeiter können mithilfe ihrer Smartwatch auf alle relevanten Daten zugreifen und sehen, wo sich der Kollege gerade aufhält. Im Hintergrund werden alle zusammenlaufenden Daten ausgewertet und der Produktionsprozess wird fortlaufend optimiert.
Was aus Gründen der Effizienzsteigerung wünschenswert ist, wird datenschutzrechtlich dann relevant, wenn – wie im obigen Beispiel – auch personenbezogene Daten verarbeitet werden. Denn die Effizienzsteigerung ist regelmäßig mit der Möglichkeit verbunden, das Verhalten und die Leistung von Mitarbeitern zu erfassen und auszuwerten. Hier muss für jede einzelne Maßnahme gesondert geprüft werden, ob diese noch im Einklang mit § 26 Abs. 1 BDSG steht, d.h. verhältnismäßig ist.
Fazit
Der technische Fortschritt bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten, die Personalgewinnung und die Arbeitsabläufe in einem Unternehmen effizienter zu gestalten. Dieser Fortschritt wird sich durch die immer schnellere Übertragung großer Datenmengen noch beschleunigen. Dennoch muss die Einführung neuer Techniken - über die Wahrung einschlägiger Mitbestimmungsrechte (z.B. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG) hinaus - stets im Einklang mit dem BDSG und der DSG-VO erfolgen, damit die Einsparungen durch den Effizienzgewinn nicht durch sanktionierte Verstöße (Geldbußen) aufgezehrt werden.
Bestens
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