BGH erweitert Spielraum für Preisgestaltung pharmazeutischer Großhändler
Mit Entscheidung vom 05.10.2017 (AZ- I ZR 172/16) hat der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass pharmazeutische Großhändler nicht verpflichtet sind, bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel an Apotheken einen Mindestpreis zu erheben.
Geklagt wurde gegen einen Pharmagroßhändler, der verschreibungspflichtige Arzneimittel (sogenannte Rx-Artikel) vertreibt. Er warb damit, dass er seinen Apothekenkunden auf alle Rx-Artikel bis 70 € einen Rabatt von 3% sowie 2,5% Skonto auf den rabattierten Preis und ab 70 € bis zur Hochpreisgrenze einen Rabatt von 2% plus 2,5% Skonto auf den rabattierten Preis gewähre.
Klägerin war die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Diese sah einen Verstoß gegen die Preisvorschriften des § 78 Arzneimittelgesetzes (AMG) sowie § 2 der Arzneimittelpreisverordnung (ArzneimittelPreisVO). Sie hatte den beklagten Großhändler auf Unterlassung und Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch genommen.
Das erstinstanzliche Landgericht hatte die Klage der Wettbewerbszentrale abgewiesen. Dagegen wurde Berufung beim OLG Bamberg eingelegt. Das OLG Bamberg urteilte anders als das LG und entschied, dass der Großhändler gegen das AMG verstoßen habe. Nach Auffassung des OLG schreibe § 2 Abs. 1 Satz 1 ArzneimittelPreisVO dem pharmazeutischen Großhandel einen Festzuschlag von mindestens 70 Cent vor. Dieser Festzuschlag dürfe durch Preisnachlässe nicht reduziert werden.
Der BGH hat nun in der Revision die Entscheidung des OLG Bamberg aufgehoben und das klagabweisende Urteil erster Instanz wiederhergestellt. § 2 Abs. 1 Satz 1 ArzneimittelPreisVO lege für die Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln mit den dort vorgesehenen Großhandelszuschlägen eine PreisOBERgrenze, aber keine PreisUNTERgrenze fest. Dies belege bereits der Wortlaut der Regelung ("DARF… höchstens … erhoben werden") und der Vergleich zu der anders lautenden Regelung bei Apothekenzuschlägen für Fertigarzneimittel in § 3 Abs. 2 Nr. 1 AMPreisV ("… IST zu erheben …").
Fazit
Der pharmazeutische Großhandel ist nicht verpflichtet, die in der ArzneimittelPreisVO vorgesehenen Zuschläge zu erheben. Der Großhandel ist mithin auch nicht verpflichtet, den von ihm belieferten Apotheken einen Mindestpreis in Rechnung zu stellen, der der Summe aus dem Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers, der Umsatzsteuer und einem Festzuschlag von 70 Cent entspricht. Er kann vielmehr auf die in der ArzneimittelPreisVO enthaltenen Zuschläge ganz oder teilweise verzichten.
Diese Entscheidung verleiht dem Großhandel einerseits größere Flexibilität. Andererseits wird diese Entscheidung in der Praxis den Wettbewerbsdruck auf die Großhandelsunternehmen erhöhen. Eine Herausforderung für Marketing und Vertriebsabteilungen, die mit intelligenten Lösungen darauf reagieren müssen.
Bestens
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