News

Das Digitale-Dienste-Gesetz ergänzt den Digital Services Act: Die neuen Spielregeln für Online-Dienste

16.08.2023

Das künftige Regelungsregime für Online-Vermittlungsdienste nimmt weiter Gestalt an. Am 4. August 2023 hat das federführende Bundesministerium für Digitales und Verkehr den Referentenentwurf für ein Digitale-Dienste-Gesetz (DDG-RefE) vorgelegt.

Das nationale Digitale-Dienste-Gesetz ergänzt den Digital Services Act (DSA). Dieser heißt in der deutschen Fassung zwar bereits „Gesetz über digitale Dienste“, stellt allerdings eine Verordnung der EU dar. Während der DSA insbesondere zahlreiche Sorgfaltspflichten für Online-Vermittlungsdienste sowie die Grundzüge der Behördenstruktur und Durchsetzung auf EU-Ebene einheitlich regelt, konkretisiert das Digitale-Dienste-Gesetz die in Deutschland geltenden behördlichen Zuständigkeiten und Verfahren.

Zuständige Behörden

Zuständig für die Durchsetzung des DSA soll im Grundsatz die Bundesnetzagentur sein (§ 12 Abs. 1 DDG-RefE). Die Bundesnetzagentur entwickelt sich damit weiter in Richtung einer Digitalbehörde, die neben den klassischen Infrastrukturbetreibern auch die Digitalwirtschaft beaufsichtigt. Dem war eine intensive öffentliche Diskussion vorausgegangen. So hatten sich etwa auch die Landesmedienanstalten ins Spiel gebracht und wurde diskutiert, eine ganz neue Behörde für die Digitalregulierung zu schaffen. Stattdessen soll nun die Bundesnetzagentur als Koordinator für digitale Dienste im Sinne der Art. 49 ff. DSA fungieren (§§ 1 Abs. 4 Nr. 2, 14 Abs. 1 DDG-RefE). Der Koordinator für digitale Dienste ist die zentrale Stelle der DSA-Durchsetzung auf nationaler Ebene. Er bündelt die Arbeit der Spezialbehörden und hat in diesem Zusammenhang besondere Rechte und Pflichten.

Spezialzuständigkeiten sieht der DDG-RefE insbesondere für die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz, für den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit und für das Bundeskriminalamt vor (§§ 12 Abs. 2, 3, 13 DDG-RefE). Noch nicht geklärt ist, ob noch die Landesmedienanstalten Zuständigkeiten erhalten werden. Dafür könnten auch verfassungsrechtliche Gründen sprechen, da Medienregulierung im Grundsatz Ländersache ist. Der DDG-RefE trifft dazu keine abschließende Entscheidung und enthält den Hinweis, dass möglicherweise noch weitere zuständige Behörden zu bestimmen sind.

Weitere Regelungen und Außerkrafttreten von TMG und NetzDG

Art. 52 DSA verlangt, dass die Mitgliedstaaten wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen vorsehen. Dem kommt der Referentenentwurf nach: So listet § 25 Abs. 4 DDG-RefE 36 DSA-bezogene Bußgeldtatbestände auf. Weitere Bußgeldtatbestände stellen auf Verstöße gegen unmittelbar aus dem DDG-RefE folgende Pflichten (§ 25 Abs. 2 DDG-RefE) und gegen aus der Platform-to-Business-Verordnung folgende Pflichten (§ 25 Abs. 3 DDG-RefE) ab.

Handelt es sich bei dem Anbieter eines Vermittlungsdienstes um eine juristische Person, können Geldbußen von bis zu 6% des weltweiten Vorjahresumsatzes verhängt werden (§ 25 Abs. 6 DDG-RefE). Zudem ergeben sich aus dem DSA operative Befugnisse der zuständigen Behörden bis hin zu Sperrungen von Diensten. Solche Maßnahmen der Koordinierungsstelle sind aufgrund des Ausschlusses des Suspensiveffektes sofort vollziehbar (§ 29 Abs. 1 DDG-RefE).

Im Übrigen ersetzt der DDG-RefE in allen nationalen Gesetzen den Begriff „Telemedien“ im Einklang mit der neuen europäischen Terminologie durch den Begriff „digitale Dienste“ und sieht der DDG-RefE im letzten Artikel vor, dass sowohl das Telemediengesetz (TMG) als auch das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) außer Kraft treten. Ihre Regelungsgegenstände sollen vollständig in dem DSA und dem DDG aufgehen. So wird etwa die bisher in § 5 TMG geregelte Impressumspflicht in § 5 DDG-RefE überführt. Die Haftungsprivilegierungen für digitale Dienste nach dem TMG sind zukünftig in Art. 4 ff. DSA geregelt. Lediglich die nationalen Sondervorschriften zur Störerhaftung und der Haftung von WLAN-Betreibern werden in §§ 7, 8 DDG-RefE fortgeschrieben.

Weiteres Verfahren und Inkrafttreten

Der DDG-RefE ist aktuell Gegenstand der Länder- und Verbändeanhörung, die noch bis zum 25. August 2023 zu dem Vorschlag Stellung nehmen können. Anschließend wird das DDG voraussichtlich im Bundeskabinett beschlossen und geht anschließend in das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren. Dabei ist zu erwarten, dass neben der Bestimmung weiterer zuständiger Behörden jedenfalls noch Details des DDG-RefE modifiziert werden. Abgestimmt auf die Geltung des DSA soll das Digitale-Dienste-Gesetz am 17. Februar 2024 in Kraft treten.

Ausblick

Mit Vorlage des DDG-RefE konkretisieren sich die für Online-Vermittlungsdienste künftig geltenden Regeln weiter. Der DSA wirkt bereits ab dem 25. August 2023 für die sehr großen Anbieter wie Google und Facebook. Zusammen mit dem DDG gilt der DSA ab dem 17. Februar 2024 dann auch für viele weitere Unternehmen, die digitale Dienste anbieten.

Insbesondere Anbieter von Plattformen und Online-Marktplätzen werden sich schon bald zahlreichen neue Pflichten gegenübersehen, deren Nichterfüllung zu erheblichen Bußgeld- und auch Schadensersatzrisiken führt. Folglich sollten betroffene Unternehmen zeitnah neue Compliance-Strukturen und -Prozesse implementieren.

Eine praxisnahe Darstellung des DSA und der sich aus ihm für Unternehmen ergebenden Pflichten finden Sie im Handbuch „Das neue Recht der digitalen Dienste“, herausgegeben von Dr. Torsten Kraul und bearbeitet unter anderem von Dr. Marvin Bartels und Dr. Niklas Maamar.

Einkauf Logistik & Vertrieb
Datenschutz
Data Tech und Telecoms
Digital Business
IT & Outsourcing
Medienrecht
Telekommunikation

Share