News

FG Münster: Steuer­befreiung für betriebliche Gebäude im Bau bei Schenkung und Erbschaft

07.03.2025

Hintergrund

In der Planung von Unternehmensnachfolgen ist die Abgrenzung zwischen dem „produktiven“ Unternehmensvermögen und dem „passiven“ Verwaltungsvermögen von zentraler Bedeutung. Verwaltungsvermögen profitiert grundsätzlich nicht von der Verschonung des Betriebsvermögens für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer (§§ 13a ff. ErbStG). Macht der Wert des Verwaltungsvermögens einen Großteil des gesamten Unternehmenswerts aus, kann die Verschonung für Betriebsvermögen sogar vollständig entfallen. Der Erwerb ist dann insgesamt steuerpflichtig und mit einer Erbschaft- oder Schenkungsteuer von bis zu 50 % belastet.

Zum Verwaltungsvermögen gehören unter anderem Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke. Das Merkmal „Dritte“ ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung weit auszulegen, weshalb auch Grundstücksüberlassungen unter verbundenen Unternehmen schädlich sein können. Nicht geklärt war bisher, ob ein Grundstück bereits dann „zur Nutzung überlassen“ wird, wenn im Zeitpunkt einer Schenkung oder Erbschaft eine Vermietung zwar noch nicht stattfindet, für die Zukunft jedoch bereits beabsichtigt ist. Mit dieser Frage hatte sich das FG Münster auseinanderzusetzen.

Urteile des FG Münster vom 14. November 2024 – 3 K 906/23 F und 3 K 908/23 F

Das FG Münster entschied in zwei Parallelentscheidungen vom 14. November 2024 (Az. 3 K 906/23 F und 3 K 908/23 F), dass zum Zeitpunkt einer Schenkung noch nicht vermietete, im Bau befindliche Grundstücke trotz Absicht einer späteren Vermietung kein Verwaltungsvermögen iSd. § 13b Abs. 4 Nr. 1 ErbStG darstellen.

Die Urteile des FG Münster stützen sich überzeugend auf die Gesetzessystematik und den klaren Wortlaut des § 13b Abs. 4 Nr. 1 ErbStG, der für die Qualifikation von Grundstücken als Verwaltungsvermögen allein auf den Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung abstellt. Daraus ergibt sich, dass nur die tatsächliche Nutzungsüberlassung an Dritte am Stichtag relevant ist, nicht hingegen eine geplante zukünftige Nutzung. Nach Ansicht des FG Münster lag auch keine unangemessene Gestaltung iSd. § 42 AO vor, weil (i) die Wahl des Zeitpunkts einer Schenkung in der freien Entscheidung des Schenkers und des Beschenkten liege und (ii) der Leerstand während der Bauphase ein notwendiges Durchgangsstadium bis zur Fertigstellung und Nutzung des Objekts darstelle.

Praxisfolgen

Die Entscheidung ist für die Praxis von großer Bedeutung. Durch die Auswahl des Zeitpunkts einer Schenkung kann die Qualifikation eines Grundstücks als „produktives“ Unternehmensvermögen oder „passives“ Verwaltungsvermögen beeinflusst und ggf. eine steuerliche Begünstigung erlangt werden (etwa bei der Schenkung von Anteilen an Objektgesellschaften, die im Bau befindliche Immobilien halten). Dies ist insbesondere wegen der gesetzgeberisch zuletzt erschwerten Unternehmensnachfolge mit gruppenweit überlassenen Immobilien zu begrüßen (siehe dazu unseren Blogbeitrag vom 28.03.2024). Empfehlenswert ist eine sorgfältige Dokumentation der Gründe für den Leerstand der Immobilie. Die Finanzverwaltung hat gegen die Urteile des FG Münster Revision eingelegt (Az. II R 37/24 und II R 38/24), die weitere Entwicklung ist daher im Blick zu behalten.