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Regionale Werbung im bundes­weiten Rund­funk – nur ein kurzes Inter­mezzo?

19.06.2015

 

Wie die Bayerische Staatsregierung in einer Pressemitteilung letzte Woche mitteilte, schließt sich Bayern den anderen Ländern an und wird nunmehr doch die rundfunkstaatsvertragliche Lösung mit dem Verbot regionalisierter Werbung im nationalen Fernsehen unterstützen. Diese Regelung soll bereits zum 01. Januar 2016 in Kraft treten.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte im Dezember 2014 (Urteil vom 17.12.2014 – Az. 6 C 32.13) entschieden, dass dezentrale Werbespots im bundesweit verbreitetem Programm eines Rundfunkveranstalters zulässig sind. Dieser Entwicklung wollen die Bundesländer entgegenwirken und planen daher in den 17. Rundfunkänderungsstaatsvertrag ein Verbot dezentraler Werbebeiträge aufzunehmen. Die neue Regelung stünde dann über der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts.

Diese Pläne der Länder sorgen für Aufschrei bei den Vertretern der Werbewirtschaft. Es ist von Verfassungsbeschwerde und fehlender zukunftsorientierter Medienpolitik die Rede. Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über den Stand der Entwicklungen und ein Ausblick gegeben werden:

Das VG Berlin, das mit der Frage der Zulässigkeit von regionaler Werbung in der Vorinstanz befasst war, hielt in seinem Urteil vom 26. September 2013 (Az. VG 27 K 231.12) regionale Werbung in Übereinstimmung mit der bis dahin geltenden herrschenden Meinung für unzulässig. Dies sah das Bundesverwaltungsgericht anders und urteilte, dass die Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrags der regionalen Werbung nicht entgegenstünden. Ein explizites Verbot regionaler Werbung enthalte der Rundfunkstaatsvertrag nicht. Streitentscheidend war daher die Frage, ob ein Rundfunkveranstalter mit bundesweiter Lizenz für die Ausstrahlung von regionalen Werbespots einer gesonderten rundfunkrechtlichen Erlaubnis bedürfe.

§ 20 Abs. 1 RStV regelt, dass private Veranstalter einer Zulassung zur Veranstaltung von bundesweit verbreitetem Rundfunk nach Maßgabe des § 20a RStV bedürfen. Die Zulassung von Veranstaltern regionaler Rundfunkprogramme richtet sich hingegen nach landesrechtlichen Bestimmungen.

Das Bundesverwaltungsgericht vertrat in seinem Urteil die Ansicht, dass sich das rundfunkrechtliche Zulassungserfordernis des § 20 Abs. 1 RStV lediglich auf das Anbieten redaktionell gestalteter Sendeinhalte beziehe, nicht aber auf Werbung. Hinsichtlich des „ob“ und „wie“ der Werbung seien die Sender frei. Allerdings müssten auch hier die werberechtlichen Bestimmungen eingehalten werden. Doch diese geben im Falle des Rundfunkstaatsvertrages keine einschränkenden Vorgaben zum Verbreitungsgebiet von Werbespots vor.

Auch Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG, der den Auftrag an den Gesetzgeber enthalte, zur Gewährleistung der Rundfunkfreiheit im Wege des Erlasses von Ordnungsregeln sicherzustellen, dass die Vielfalt der bestehenden Meinungen im Rundfunk in möglichster Breite und Vollständigkeit Ausdruck finden, fordere nicht, dass die präventive Zugangskontrolle auch auf Werbung erstreckt werde. Werbliche Sendeinhalte seien für die Meinungsvielfalt und damit für die Ziele der Rundfunkordnung lediglich von untergeordneter Bedeutung.

Als Reaktion auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts haben die Ministerpräsidenten der Länder angekündigt, ein Verbot von regionalen Werbespots zum 01. Januar 2016 einzuführen, nachdem das Land Bayern zuletzt seinen auf der Ministerpräsidentenkonferenz geäußerten Widerstand aufgab und nun das Verbot regionalisierter Werbung im nationalen Fernsehen unterstützt. Vertreter der deutschen Werbewirtschaft wollen das drohende Aus für regionale TV-Werbung nicht hinnehmen. So hat die Sendergruppe ProSiebenSat.1 kürzlich den Gang nach Karlsruhe gegen die geplante Änderung des Rundfunkstaatsvertrags angekündigt. In einer gemeinsamen Erklärung wenden sich die Branchenverbände Organisation Werbungtreibende im Markenverband (OWM) und Organisation der Mediaagenturen (OMG) an die politischen Entscheider und plädieren für eine zeitgemäße Regulierung der Medienpolitik. Ob aber die Rufe der Werbewirtschaft nach einer „zukunftsorientierten Medienpolitik“ erhört werden, ist mehr als unsicher. Immerhin gibt es für das Verbot regionaler Werbung viele Fürsprecher. Neben den Verlagen sind dies vor allem Anbieter aus dem Bereich lokaler Privatradios und TV-Veranstalter. Außerdem hat das Bundesverfassungsgericht bereits in seiner 4. Rundfunkentscheidung (Urteil vom 04.11.1986 – Az. 1BvF 1/84) die Koppelung von Sendegebiet und Werbeaktivität als verfassungsrechtlich zulässig erachtet. In dieser Entscheidung stellte das Bundesverfassungsgericht fest, dass eine Regelung, die Werbung nur zulasse, wenn sie das gesamte Verbreitungsgebiet umfasse, umso weniger zu beanstanden sei, als sie dem Schutz regionaler und lokaler Presse diene.

Eine endgültige Entscheidung steht aber noch nicht fest. Der plötzliche Sinneswandel von Bayern ist noch nicht der letzte Schritt. Es bleibt abzuwarten, ob die Ministerpräsidenten der Länder im Rahmen ihrer nächsten Sitzung zu einem einstimmigen Beschluss in dieser Angelegenheit kommen.

 

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