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Transparenzregister: Faktische Aushebelung der Mitteilungsfiktion durch den Bundesanzeiger?

31.03.2021

Änderung der Verwaltungspraxis bezüglich der Meldung weiterer Vornamen des wirtschaftlich Berechtigten

Seit Ende 2020 stellt sich die Bundesanzeiger Verlag GmbH, die als Beliehene das Transparenzregister betreibt, in Verfahren über Ordnungswidrigkeiten oder Unstimmigkeitsmeldungen auf den Standpunkt, es müssten neben dem Rufnamen auch weitere Vornamen des wirtschaftlich Berechtigten an das Transparenzregister gemeldet werden. Dies soll unabhängig davon gelten, ob die weiteren Vornamen mit dem Rufnamen durch Bindestrich verbunden sind. Eine Meldung, die lediglich einen von mehreren Vornamen des wirtschaftlich Berechtigten enthält, ist nach Ansicht des Bundesanzeigers fehlerhaft und muss berichtigt werden. Im Gesetz findet diese Verwaltungsauffassung keine Stütze. Denn nach §§ 19 Abs. 1 Nr. 1, 20 Abs. 1 S. 1 GwG ist nur der Vorname an das Transparenzregister zu melden. Auch in den Fragen und Antworten des Bundesverwaltungsamts zum Transparenzregister, die zuletzt am 09.02.2021 aktualisiert wurden („BVA-FAQ 2021/I“, siehe dazu unseren Beitrag vom 25.02.2021), findet sich kein Hinweis auf die Meldepflicht weiterer Vornamen oder auf eine geänderte diesbezügliche Verwaltungspraxis.

Die Auswirkungen der Änderung der Verwaltungsauffassung des Bundesanzeigers auf die Praxis sind erheblich, da die Pflicht zur Meldung weiterer Vornamen des wirtschaftlich Berechtigten an das Transparenzregister die Mitteilungsfiktion des § 20 Abs. 2 GwG faktisch aushebeln kann.

Faktische Aushebelung der Mitteilungsfiktion

Die Mitteilungsfiktion des § 20 Abs. 2 GwG bewirkt, dass die Pflicht zur Mitteilung an das Transparenzregister als erfüllt gilt, wenn sich sämtliche in § 19 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 GwG genannten Angaben (Vor- und Nachname, Geburtsdatum, Wohnort sowie Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses) aus bestimmten Dokumenten und Eintragungen ergeben, die aus den in § 20 Abs. 2 Satz 1 GwG genannten Registern elektronisch abrufbar sind. So sollte in der Praxis insbesondere bei GmbHs eine Meldung des wirtschaftlich Berechtigten an das Transparenzregister häufig entbehrlich sein, da sich hier regelmäßig alle Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten aus der Gesellschafterliste ergeben.

Wenn der Bundesanzeiger nun davon ausgeht, dass auch weitere Vornamen des wirtschaftlich Berechtigten zu den meldepflichtigen Angaben nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 GwG gehören, müssten sich auch die weiteren Vornamen aus den in § 20 Abs. 2 Satz 1 GwG genannten Registern ergeben. Damit dürfte die Mitteilungsfiktion in der Praxis nur noch im Ausnahmefall eingreifen, wenn der wirtschaftlich Berechtigte mehrere Vornamen hat. Denn weitere Vornamen sind in der Praxis nicht immer im Handelsregister oder der Gesellschafterliste eingetragen. Auch in Meldungen nach § 20 AktG oder §§ 33 ff. WpHG, die über die Eintragung im Unternehmensregister ebenfalls die Mitteilungsfiktion auslösen können, ist die Nennung weiterer Vornamen nicht der Standard.

Keine Konsequenzen für Unstimmigkeitsmeldungen

Das Fehlen weiterer Vornamen im Transparenzregister löst dagegen nach den BVA-FAQ 2021/I keine Pflicht zur Abgabe einer Unstimmigkeitsmeldung aus. Allerdings zeigt die Praxis, dass der Bundesanzeiger im Rahmen von Unstimmigkeitsmeldungen auf die Meldung sämtlicher Vornamen des wirtschaftlich Berechtigten zum Transparenzregister hinwirkt.

Handlungsalternativen

Es bleibt abzuwarten, wie sich die Änderung der Verwaltungsauffassung des Bundesanzeigers auf die Praxis auswirkt. Bei höchstvorsorglicher Vorgehensweise wären aktive Meldungen zum Transparenzregister erforderlich, wenn bisher die Mitteilungsfiktion des § 20 Abs. 2 GwG in Anspruch genommen wurde, obwohl sich nicht sämtliche Vornamen des wirtschaftlich Berechtigten aus den in § 20 Abs. 2 Satz 1 GwG aufgeführten Dokumenten der betreffenden Vereinigung ergeben. Auch bei bestehenden Eintragungen im Transparenzregister wäre zu überlegen, höchstvorsorglich etwaige weitere Vornamen des wirtschaftlich Berechtigten „nachzumelden“; denn dies verlangt der Bundesanzeiger mitunter.

Keine Klarheit schafft diesbezüglich die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der FDP-Fraktion vom 25.03.2021 (BT-Drs. 19/27617). Nach Auffassung der FDP-Fraktion gehen die jüngsten Ausweitungen der Mitteilungspflichten aufgrund der Änderungen der BVA-FAQ über den Gesetzeswortlaut und den Gesetzeszweck des GwG hinaus und widersprechen der Verwaltungsauffassung der BaFin. Daher hatte die FDP-Fraktion die Bundesregierung unter anderem gefragt, ob die Bundesregierung mit den jüngsten Ausweitungen der BVA-FAQ übereinstimmt oder eine kritische Überprüfung der vom BVA vertretenen Rechtsauffassung plant. Hätte die Bundesregierung die über den Wortlaut des GwG hinausgehende Rechtsauffassung des BVA kritisch gesehen, wäre wohl auch die vom Wortlaut des GwG nicht gedeckte Verwaltungsauffassung des Bundesanzeigers bzgl. der Pflicht zur Meldung weiterer Vornamen des wirtschaftlich Berechtigten an das Transparenzregister nicht mehr zu halten gewesen. Die Bundesregierung stellt sich in ihrer Antwort nun aber im Wesentlichen hinter das BVA und billigt dessen Auslegung des GwG.

Vor diesem Hintergrund wäre eine ausdrückliche Klarstellung der Verwaltungspraxis bezüglich der Meldung weiterer Vornamen des wirtschaftlich Berechtigten an das Transparenzregister durch das Bundesverwaltungsamt als Aufsichtsbehörde über den Bundesanzeiger wünschenswert.

Wenn Sie Fragen zur Verwaltungsauffassung des Bundesanzeigers, zu den BVA-FAQ oder zu potentiellem Handlungsbedarf (insbesondere Meldungen, Berichtigungen, Anträge auf Beschränkung der Einsichtnahme, Bußgeld- oder Klageverfahren) haben, sprechen Sie uns gerne an. Wir verfolgen kontinuierlich die Entwicklung im Bereich der Transparenzregisterpflichten und stehen in ständigem Kontakt mit den zuständigen Behörden.

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