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Erste Vorschläge zur Gegen­finanzierung des staatlichen Corona-Hilfspakets und deren verfassungs­rechtliche Einordnung

20.04.2020

Das staatliche Hilfspaket, welches die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen von Covid-19 abfedern soll, umfasst gegenwärtig ein Volumen von bis zu EUR 1,8 Billionen (Corona-Hilfspaket). Im Zusammenhang mit diesen Staatshilfen mehrt sich auch der politische Diskurs um mögliche Instrumente zur Gegenfinanzierung der mit der Bewältigung der Corona-Pandemie verbunden Kosten. So fordert beispielsweise SPD-Chefin Saskia Esken eine „faire Lastenverteilung“ der Kosten des Corona-Hilfspakets durch die Einführung einer einmaligen Vermögensabgabe. Vor diesem Hintergrund haben sich nun auch die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags mit der Frage nach der Verfassungsmäßigkeit einer solchen Vermögensabgabe auseinandergesetzt und einen entsprechenden Sachstand veröffentlicht.

Vorschläge zur Gegenfinanzierung des Corona-Hilfspakets im Überblick

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat jüngst als eines der Ersten zwei konkrete Instrumente zur Gegenfinanzierung des staatlichen Corona-Hilfspakets vorgeschlagen. Konkret soll es sich hierbei um einen zusätzlichen Sonder-Solidaritätszuschlag sowie um eine einmalige Vermögensabgabe handeln. Beide Instrumente, welche vor allem Besser- und Hochverdiener treffen sollen, werden nachfolgend im Überblick vorgestellt:

Corona-Solidaritätszuschlag

Der sogenannte Corona-Soli, soll im Wesentlichen dem jetzigen Solidaritätszuschlag zur Einkommen- und Körperschaftsteuer entsprechen:

  • auf die festgesetzte Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer würde ein weiterer Aufschlag in Höhe von 7,5 % erhoben werden (zusammen mit dem bestehenden Solidaritätszuschlag würde sich dieser im Ergebnis auf insgesamt 13 % der festgesetzten Steuer belaufen);
  • der Corona-Soli soll lediglich von den oberen 10 % der Einkommensteuerpflichtigen gezahlt werden. Das DIW konkretisiert die steuerliche Umsetzung dieses Ziels nicht. Denkbar wäre hier die Einführung einer entsprechend hohen Freigrenze der festgesetzten Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer für die Anwendung des Corona-Soli.

Einmalige Vermögensabgabe 

Zusätzlich zum Corona-Soli schlägt das DIW die Einführung einer einmaligen Vermögensabgabe vor, deren konzeptioneller Rahmen wie folgt aussehen könnte:

  • anwendbar auf das oberste 1 % der Steuerpflichtigen;
  • Mindestnettovermögen von EUR 2,5 Mio., wobei Freibeträge für Betriebsvermögen jedenfalls nach den Vorschlägen der Linken vorgesehen werden sollen; 
  • einmaliger Abgabensatz von 10 bis 20 %;
  • einmalige Feststellung des Vermögens, z.B. zu einem bestimmten Stichtag in der jüngeren Vergangenheit, zu dem die zu zahlende Summe einmalig festgesetzt wird (Stichtagsbetrachtung). Wie bei der bis zum Jahre 1997 in Deutschland geltenden Vermögenssteuer soll es sich mithin auch bei der vorgeschlagenen Vermögensabgabe zur Gegenfinanzierung des Corona-Hilfspakets um eine Stichtagssteuer handeln.  Geleistet würde diese Summe dann in gleichen Jahresbeträgen aber über einen Zeitraum von 15 bis 20 Jahren.

Die beiden vorstehend dargestellten Instrumente sollen nach dem Vorschlag des DIW nebeneinander greifen. Es soll sich also nicht um Alternativmechanismen handeln.

Verfassungsrechtliche Einordnung der einmaligen Vermögensabgabe

Das Grundgesetz sieht in Art. 106 Abs. 1 Nr. 5 ausdrücklich die Möglichkeit einer einmaligen Vermögensabgabe vor. Die Erhebung einer solchen Abgabe ist jedoch nur unter Erfüllung strenger gesetzlicher Anforderungen möglich. Die Frage der Verfassungsmäßigkeit einer einmaligen Vermögensabgabe zur teilweisen Gegenfinanzierung des Corona-Hilfspakets findet sich zwischenzeitlich auch in einer Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages (Az. WD – 3000 – 041/20). 

Zusammenfassung der wesentlichen Aussagen der Wissenschaftlichen Dienste

  • Die Vermögensabgabe darf (anders als eine Vermögensteuer) nur einmalig und nicht laufend erhoben werden. Die Einmaligkeit spricht jedoch nicht gegen Verteilung der aus der Vermögensabgabe resultierenden Zahllast über mehrere Jahre;
  • Einzelne Experten sehen eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung nur dann als gegeben an, wenn eine existenzbedrohende finanzielle Notlage des Staates besteht, in der weder Steigerungen der Einnahmen aus den übrigen Steuern noch eine Ausweitung der Kreditaufnahme oder entsprechende Ausgabenkürzungen möglich sind (staatliche Ausnahmelage). Wann eine solche Notlage besteht ist eine Frage des Einzelfalls. Gefordert wird, dass es sich „um ein Ereignis handelt, das in seinen außerordentlichen Finanzwirkungen vermutlich nicht nochmals auftreten wird.“ 
  • Neben einer staatlichen Ausnahmelage wird nach strenger Auslegung auch gefordert, dass eine solche Vermögensabgabe nur zweckgebunden verwendet werden darf. „Eine Vermögensabgabe zur allgemeinen Rückführung von Staatsverschuldungen ohne vorausgegangenen konkreten Krisenfall – ist demnach mangels spezieller Zweckbindung unzulässig“.

Während das Kriterium der Einmaligkeit wenig Kontroverse auslöst, besteht im Hinblick auf die teilweise geforderten weiteren Voraussetzungen ein uneinheitliches Bild. Da noch nicht feststeht, wie hoch die Kosten der Corona-Krise sein werden, da Bürgschaften, Garantien und Darlehen des Staates unter Umständen gar nicht zu Verlusten führen, lässt sich nach Auffassung des Wissenschaftlichen Dienstes auch nur schwer feststellen, ob eine mit der Historie vergleichbare existentielle Dringlichkeit bestünde. Folglich lässt sich aktuell nicht beurteilen, ob und in welchem Umfang eine staatliche Ausnahmelage im Falle der finanziellen Auswirkungen durch die Corona-Krise vorliegt.

Die Wissenschaftlichen Dienste erheben in diesem Zusammenhang jedoch bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt insgesamt durchaus berechtigte Zweifel daran, dass die Corona-Krise mit den historischen Ereignissen vergleichbar ist, welche die Einführung einer Vermögensabgabe in der Vergangenheit ermöglicht haben (Wehrbeitrag von 1913, das Reichsnotopfer von 1919 und im Rahmen des Lastenausgleich von 1952). Im Rahmen der Finanz- und Bankenkrise in den Jahren 2008 und 2009 wurde eine einzigartige Situation und Finanzlast z.B. bezweifelt. 

Schlussfolgerung und Ausblick

Insgesamt lässt sich damit festhalten, dass eine fundierte verfassungsrechtliche Einschätzung zum gegenwärtigen Zeitpunkt und wohl auch in 2020 insgesamt nicht möglich sein wird, da die Auswirkungen der Corona-Krise über das laufende Jahr hinaus reichen werden. Diese Einschätzung deckt sich in zeitlicher Hinsicht auch mit der Erhebung einmaliger Vermögensabgaben in Zusammenhang mit vergangenen staatlichen Ausnahmelagen. Insoweit wurden zwei der drei früheren Vermögensabgaben erst im Anschluss an die Ausnahmelage erhoben worden (Reichsnotopfer von 1919 und im Rahmen des Lastenausgleich von 1952).

 

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