Erfolg mit Noerr - Bundesgerichtshof hebt Düsseldorfer Swap-Urteil auf

30.04.2015

Der Bundesgerichtshof hat heute ein Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf zu Swapgeschäften aufgehoben und zurückverwiesen. Damit muss der Prozess einer nordrhein-westfälischen Kommune gegen die Erste Abwicklungsanstalt (EAA) als Rechtsnachfolgerin der WestLB neu aufgerollt werden. Die Instanzgerichte hatten der Klage der Kommune noch stattgegeben. Für die EAA war ein Team der Kanzlei Noerr um den Düsseldorfer Partner Dr. Stefan Blum tätig (Az.: XI ZR 378/13).

Gegenstand der Verhandlung war die Klage der Kommune, die nach dem dramatischen Einbruch sowohl des Euro als auch des Zinsniveaus empfindliche Verluste mit vier von ihr mit der WestLB AG (WestLB) abgeschlossenen Swapgeschäften erlitten hatte. Daher verlangte die Kommune Schadensersatz von der Ersten Abwicklungsanstalt (EAA) als Rechtsnachfolgerin der WestLB mit der Begründung einer unzureichenden Aufklärung insbesondere über den anfänglichen negativen Marktwert vor Abschluss der Swapgeschäfte. Die Instanzgerichte gaben der Klage (genau wie zahlreichen parallelen Klagen anderer Kommunen) unter Berufung auf das Swap-Urteil des BGH vom 22.03.2011 (Az.: XI ZR 33/10) wegen unzureichender Aufklärung über den sog. anfänglichen negativen Marktwert der Swapgeschäfte statt.
  
Der Senat wies zunächst die Argumentation des OLG Düsseldorf zurück, wonach sich die von der Kommune geltend gemachten Schadensersatzansprüche aus einer Verletzung von Nebenpflichten aus dem Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte ergäben. Vielmehr komme eine Schadensersatzhaftung nur in Betracht, soweit es vor Abschluss der einzelnen Swapgeschäfte stillschweigend zu einem gesonderten Beratungsvertrag gekommen sei. Dies muss jetzt das OLG Düsseldorf aufklären.
 
Zudem scheide eine Aufklärungspflicht über den anfänglichen negativen Marktwert unter dem Gesichtspunkt der anlagegerechten Beratung aus. Allerdings komme eine Pflicht zur Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert (einschließlich seiner genauen Höhe) unter dem Gesichtspunkt der Offenlegung eines schwerwiegenden Interessenkonflikts in Betracht. Insoweit hat der BGH im Ausgangspunkt sein Urteil vom 22.03.2011 bestätigt, wonach ein Kunde bei Abschluss eines Swapvertrags das Gewinninteresse der ihn beratenden Bank nicht erkennen könne, sodass die Bank über einen anfänglich negativen Marktwert als Ausdruck dieses Gewinninteresses aufklären müsse. Eine derartige Aufklärungspflicht bestehe allerdings nicht bei Swapgeschäften, die der Absicherung gegenläufiger Zins- oder Währungsrisiken aus konnexen Grundgeschäften dienen. „Hierin liegt eine für die Praxis ganz entscheidende Abgrenzung“, erläutert Stefan Blum.
 
Gerügt hat der BGH weiter die Ausführungen der Vorinstanzen zur Kausalität. So hätten die Instanzgerichte insbesondere die von der Bank benannten Zeugen zur Frage der fehlenden Kausalität einer vermeintlichen Aufklärungspflichtverletzung vernehmen müssen. Zudem stelle es ein erhebliches Indiz dar, wenn die Kommune nicht sämtliche von ihr abgeschlossenen Swapgeschäfte angreife. Auch dies muss das OLG Düsseldorf jetzt entsprechend beachten.
 
„Aus Bankensicht erfreulich sind zudem die Ausführungen des BGH zur Verjährung“, betont Stefan Blum. Ausdrücklich verworfen hat der BGH insoweit die Auffassung des OLG Düsseldorf, wonach die dreijährige Verjährungsfrist aus § 37a WpHG erst mit Abschluss des letzten Swapgeschäfts unter dem mit der Bank bestehenden Rahmenvertrag begonnen haben soll. Entscheidend sei vielmehr nach allgemeinen Grundsätzen der Zeitpunkt des Abschlusses der jeweiligen Swapgeschäfte, da (bereits) zu diesem Zeitpunkt ein etwaiger gegenüber der Bank geltend gemachter Schadensersatzanspruch entstanden wäre. „Lag dieser Zeitpunkt drei Jahre vor Klageerhebung, sind etwaige Schadensersatzansprüche verjährt – es sei denn, die Bank hätte vorsätzlich falsch beraten, wofür aus unserer Sicht nichts ersichtlich ist“, sagt Blum.
 
Eine Absage erteilt hat der BGH schließlich der wiederholt von klagenden Kommunen vorgebrachten Argumentation, die Swapgeschäfte seien wegen Verletzung des „Ultra vires“-Grundsatzes, wegen Verletzung des kommunalen Spekulationsverbotes oder wegen Sittenwidrigkeit unwirksam.
 
Mit einer Veröffentlichung des vollständigen Urteils ist in etwa fünf bis sechs Wochen zu rechnen. Das anhängige Verfahren muss dann unter Berücksichtigung der Hinweise des BGH vom OLG Düsseldorf neu aufgerollt werden. Entsprechendes gilt für die zahlreichen weiteren parallelen Klageverfahren. Entscheidend wird sein, ob es vor Abschluss der Swapgeschäfte jeweils stillschweigend zu eigenständigen Beratungsverträgen gekommen ist, ob eine Beratungspflichtverletzung insbesondere im Hinblick auf den anfänglich negativen Marktwert erfolgt ist, ob diese kausal für den Abschluss der Swapgeschäfte war und ob die Bank (im Hinblick auf eine mögliche Verjährung aus § 37a WpHG a.F.) vorsätzlich pflichtwidrig gehandelt hat.
 
„Im Ergebnis ist die heutige Entscheidung ein Schritt in die richtige Richtung. Vielleicht kann sie für die Parteien auch als Katalysator für erfolgreiche Vergleichsverhandlungen dienen“, kommentiert Stefan Blum.

Berater Erste Abwicklungsanstalt (EAA) und Portigon AG:  Noerr LLP

Dr. Stefan Blum, Raphael Lischka

EAA: Dr. Carsten Römmer-Collmann

Portigon AG: Jens Dohmessen, Andrea Weber