News

BGH präzisiert Anforderungen für Verjährungs­hemmung durch Güte­anträge und Mahn­verfahren

29.06.2015

Der Bundesgerichtshof hat jüngst in mehreren Urteilen präzisiert, welche Anforderung an Güteanträge zu stellen sind, um eine Verjährung von Ansprüchen zu hemmen. Zudem entschied der Bundesgerichtshof, dass sich derjenige, der in Kenntnis der Rechtslage im Rahmen eines Mahnverfahrens falsche Angaben macht, auf die Hemmung der Verjährung durch Zustellung des Mahnbescheids nicht berufen kann.

In der Zusammenschau der Entscheidungen ist ersichtlich, dass der III. und XI. Zivilsenat eine tendenziell restriktive Rechtsprechung zur Verjährungshemmung konsequent fortführen. Hierdurch wird eine Vielzahl von Anlegerklagen, denen unzureichende Mahnbescheide oder Güteanträge vorausgegangen sind, ohne Erfolg bleiben. Doch auch für Verfahren außerhalb des Bankrechts enthalten die Entscheidungen allgemeine Grundsätze.

Entscheidungen zu Anforderungen an Güteanträge

In vier vom Bundesgerichtshof am 18. Juni 2015 verkündeten Urteilen (Az. III ZR 189/14; III ZR 191/14, III ZR 198/14 und III ZR 227/ 14) hat der Bundesgerichtshof die konkrete Anforderungen präzisiert, die an Güteanträge zu stellen sind, um eine Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB auszulösen.

In den entschiedenen Fällen reichten die Kläger Güteanträge bei einer staatlich anerkannten Gütestelle ein. Dabei verwendeten sie weitgehend inhaltsgleiche, vorformulierte Musteranträge, die der Bundesgerichtshof als nicht verjährungshemmend ansah. Der Bundesgerichtshof hat insoweit – im konkreten Fall bei Ansprüchen wegen fehlerhafter Anlageberatung – entschieden, dass ein Güteantrag regelmäßig

  • die konkrete Kapitalanlage zu bezeichnen,
  • die Zeichnungssumme sowie
  • der (ungefähren) Beratungszeitraum anzugeben und
  • der Hergang der Beratung mindestens im Groben zu umreißen.

Ferner ist

  • das angestrebte Verfahrensziel zumindest soweit zu umschreiben, dass dem Gegner und der Gütestelle ein Rückschluss auf Art und Umfang der verfolgten Forderung möglich ist.

Der Güteantrag muss mithin für den Gegner erkennen lassen, welcher Anspruch gegen ihn geltend gemacht werden soll, damit er prüfen kann, ob eine Verteidigung erfolgversprechend sei und ob er in das Güteverfahren eintreten möchte. Dabei ist weiter zu berücksichtigen, dass der Güteantrag an die Gütestelle als neutraler Schlichter und Vermittler gerichtet wird und diese zur Wahrnehmung ihrer Funktion ausreichend über den Gegenstand des Verfahrens informiert wird. Eine genaue Bezifferung der Forderung muss der Güteantrag seiner Funktion dagegen grundsätzlich nicht enthalten.

Die Urteile geben Anlass dazu, losgelöst von Ansprüchen aus Anlageberatung, auf eine hinreichende Spezifizierung der Güteanträge zu achten. Fehlt es an einer solchen Spezifizierung wird sich der Anspruchsgegner in vielen Fällen erfolgreich auf Verjährung berufen können.

Pressemitteilung BGH

Mahnverfahren zur Verjährungshemmung kann missbräuchlich sein

In einem weiteren am 23. Juni 2015 verkündeten Urteil (Az. XI ZR 536/14) entschied der u.a. für Banksachen zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs zudem, dass ein anwaltlich vertretener Antragsteller eines Mahnbescheids sich dann nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht auf eine Verjährungshemmung nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB berufen kann, wenn er im Mahnverfahren bewusst eine sachlich unrichtige Erklärung abgibt.

In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall hatte der Antragssteller im Antrag auf Erlass des Mahnbescheids erklärt, dass der geltend gemachte Anspruch auf großen Schadensersatz von einer Gegenleistung nicht abhänge. Dabei wusste der für ihn handelnde Prozessbevollmächtigte, dass die Beklagte den geltend gemachten Anspruch auf „großen Schadensersatz“ nur Zug-um-Zug gegen Übereignung einer Immobilie schuldete.

Der Bundesgerichtshof entschied nunmehr, dass in einem solchen Fall der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids die Verjährung zwar nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB hemmt, der Antragsteller sich hierauf aber nach § 242 BGB nicht berufen darf.

Mit dieser Entscheidung hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs eine lange streitige Frage hinsichtlich einer Verjährungshemmung durch Mahnbescheide höchstrichterlich entschieden. Wenngleich die Entscheidung einen kreditfinanzierten Immobilienerwerb betrifft, ist die Begründung auch auf Anlageberatungsfälle anwendbar, bei denen Schadensersatz nur Zug-um-Zug gegen Übertragung der erworbenen Anlage geschuldet ist. 

Pressemitteilung des BGH