HR-Compliance: Ist die Zahlung von Bußgeldern durch den Arbeitgeber Lohn?
In einem Grundsatzurteil hatte der Bundesfinanzhof 2013 die Übernahme von Bußgeldern durch den Arbeitgeber als zu versteuernden (und damit letztlich auch zu verbeitragenden) Arbeitslohn qualifiziert. Von dieser Rechtsprechung ist nun das Finanzgericht Düsseldorf für die Zahlung von Verwarnungsgeldern für Falschparken durch einen Paketzustellbetrieb abgewichen. Ob damit eine generelle Rechtsprechungsänderung verbunden ist, wird zu beobachten sein. Für Unternehmen wird es immer schwieriger, in rechtskonformer Weise die Zahlung von Bußgeldern, die an Mitarbeiter gerichtet sind, zu übernehmen.
Entwicklung der Rechtsprechung
2004 hatte der Bundesfinanzhof entschieden, dass die Erstattung von Bußgeldern dann kein Arbeitslohn sei, wenn hieran ein "ganz überwiegendes betriebliches Interesse" bestehe. Damals hatte der Bundesfinanzhof (BFH) dieses "ganz überwiegende betriebliche Interesse" bei der Erstattung von Verwarnungsgeldern für Falschparken bei einem Paketzustellbetrieb bejaht. Er hatte seine Fahrer angewiesen, auch im Halteverbot zu parken, um eine schnelle und rechtzeitige Zustellung zu ermöglichen. 2013 erklärte der BFH seiner früheren Rechtsprechung ausdrücklich eine Absage. Auf einem solch rechtswidrigen Tun könne kein Betrieb gründen, es fehle damit an beachtlichen betrieblichen Gründe. Entsprechend sei eine solche Zahlung nunmehr Lohn und damit steuer- und sozialabga-benpflichtig.
Urteil des Finanzgericht Düsseldorf vom 04.11.2016
Das Finanzgericht Düsseldorf nahm nun einen Fall, der dem des BFH von 2004 vergleichbar ist, zum Anlass, um die Uhr zurückzudrehen. In Abkehr von der jüngsten Entscheidung des BFH sah das Finanzgericht Düsseldorf in der Übernahme der Verwarnungsgelder keine Lohnzahlung. Seine Begründung ist zweigleisig. Zum einen stellt es in Frage, ob es überhaupt einen steuerbaren Zufluss eines geldwerten Vorteils beim Arbeitnehmer gab. Denn die Verwarnungsgelder waren unmittelbar gegenüber dem Paketzustellbetrieb als Halter der Fahrzeuge festgesetzt worden und stellten somit eine Verbindlichkeit des Arbeitgebers dar. Zum anderen bestehe ein ganz überwiegendes eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers. Denn die Park- und Halteverstöße hätten nur Bagatellcharakter, ganz anders als Verstößen gegen Lenk- und Ruhezeiten, die Grundlage des BFH—Urteils 2013 waren. Bagatellverstöße aber seien kein tragendes Moment für einen funktionierenden Geschäftsbetrieb.
Folgen für die Praxis
Das Urteil des Finanzgerichtes Düsseldorf schafft rechtliche und tatsächliche Risiken für Arbeitgeber und erhöht damit deren Haftungsrisiko. Zum einen bleibt rechtlich abzuwarten, ob der BFH dieses Urteil erneut kassiert und damit seinen 2013 postulierten Grundsatz verteidigt, wonach kein Unternehmer und kein Unternehmen seinen Geschäftsbetrieb dadurch fördern soll oder darf, dass es seine Mitarbeiter zu rechtswidrigem Verhalten anhält. Zum anderen wird auch die tatsächliche Abgrenzung schwierig, wann ein rechtswidriges, bußgeldbewehrtes Verhalten in den Augen der Finanzrichter eine Bagatelle darstellt und der Arbeitgeber mithin auf die Abführung von Lohnsteuern und Sozialversicherungsbeiträgen verzichten darf. Irrt er (oder sein Steuerberater) droht unmittelbar der strafrechtliche Vorwurf des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) sowie der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) – alles andere als ein Kavaliersdelikt.
Vor diesem Hintergrund sind Unternehmen in jedem Fall gut beraten, wenn sie – sollten sie aufgrund von Fehlverhalten ihrer Mitarbeiter ausgelöste Bußgelder übernehmen – den geldwerten Vorteil der Übernahme des Bußgeldes als Lohn zu behandeln. Nur so wird ein Unternehmen sicherstellen können, seine Aufsichtspflichten im Sinne des § 130 OWiG nicht zu verletzen.
Gerne helfen wir Ihnen hierbei mit unserem HR-Compliance-Healthcheck.
Bestens
informiert
Jetzt unseren Newsletter abonnieren, um zu aktuellen Entwicklungen auf dem Laufenden zu bleiben.
Jetzt anmelden