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Leit­satz­entscheidung des BGH zu den Anforderungen an die Erfüllung der Mitteilungs­pflicht nach § 20 Abs. 1, 4 AktG

13.10.2016

BGH, Urteil vom 5. April 2016, II ZR 286/14

In einer seiner jüngsten Entscheidungen hat sich der BGH mit der Frage auseinandergesetzt, welchen Anforderungen ein Unternehmen zur Erfüllung seiner Mitteilungspflicht nach § 20 Abs. 1, 4 AktG entsprechen muss.

Die Leitsätze lauten wie folgt:

1. Ein Unternehmen erfüllt seine Mitteilungspflicht nach § 20 Abs. 1, 4 AktG nur dann ordnungsgemäß mit der Folge, dass § 20 Abs. 7 AktG die Ausübung der Rechte aus den Aktien nicht ausschließt, wenn die Gesellschaft nicht korrigierend eingreifen muss, vielmehr die Beteiligung und deren Inhaber, wie sie ihr mitgeteilt worden sind, bekannt machen kann, ohne dass in der Öffentlichkeit Zweifel entstehen, welche Art Beteiligung gemeint und wem sie zuzurechnen ist (Bestätigung von BGH, Urteil vom 22. April 1991, II ZR 231/90, BGHZ 114, 203).

2. Aus dem auf die Publikation nach § 20 Abs. 6 AktG ausgerichteten Zweck der Mitteilungspflichten nach § 20 AktG ergibt sich, dass die schriftliche Mitteilung nach Form und Inhalt darauf ausgerichtet sein muss, von dem Vorstand der Aktiengesellschaft als Mitteilung im Sinne von § 20 AktG erfasst zu werden.

3. Eine bereits vor dem Erwerb der Beteiligung erfolgte Mitteilung ist zur Erfüllung der Mitteilungspflicht grundsätzlich nicht geeignet.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Gegen Ende des Jahres 2002 hatte die Beklagte sämtliche Aktien der Klägerin erworben. Die Übertragung der Aktien erfolgte mit Wirkung vom 31.12.2002. Der Verkauf der Aktien bedurfte nach der Satzung der Klägerin der Zustimmung der Hauptversammlung; in diesem Zusammenhang wurde der Klägerin der am 16. Dezember 2002 unterschriebene Kaufvertrag oder jedenfalls der Kaufvertragsentwurf übersandt.

Erst mit Schreiben vom 7. Oktober 2005 teilte die Beklagte dem Vorstand der Klägerin unter Hinweis auf § 20 Abs. 4 AktG mit, dass ihr unmittelbar eine Mehrheitsbeteiligung an der Klägerin gehöre.

Die Klägerin verlangte daraufhin von der Beklagten die Rückzahlung ausgeschütteter Dividenden für die Geschäftsjahre 2002 bis 2004 wegen unterlassener Mitteilungen nach § 20 Abs. 1, 4 AktG.

Das Landgericht wies die Klage ab. Auch die Berufung der Klägerin wurde vom Berufungsgericht zurückgewiesen. Dabei vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, die Beklagte sei ihren eigenen Mitteilungspflichten im Hinblick auf die für die Geschäftsjahre 2002 bis 2004 bezogenen Dividenden dadurch nachgekommen, dass sie im Jahr 2002 der Klägerin den Kaufvertrag über den Erwerb der Aktien der Klägerin übersandt habe. Diesem ließ sich entnehmen, dass die Beklagte ab dem 31. Dezember 2002 Alleinaktionärin der Klägerin gewesen sei, womit eine Angabe über die konkrete Beteiligungshöhe der Beklagten erfolgt sei. Die Übersendung des Kaufvertrages im Rahmen der schriftlichen Anzeige der Veräußerung sämtlicher Anteile an die Beklagte könne unter Berücksichtigung des Sinns und Zwecks der in § 20 AktG geregelten Mitteilungspflichten, eine ordnungsgemäße Ver-öffentlichung durch die Gesellschaft gemäß § 20 Abs. 6 AktG zu ermöglichen, als ausreichend angesehen werden.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision hat die Klägerin nun vor dem BGH Erfolg gehabt, der das Urteil hinsichtlich der Geschäftsjahre 2002 bis 2004 aufgehoben und an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Seine Entscheidung stützte der BGH auf folgende Gründe:

Nach Ansicht des BGH genügt die schlichte Übermittlung des Kaufvertrags oder eines bloßen Vertragsentwurfs nicht zur Erfüllung der Mitteilungspflicht aus § 20 Abs. 1, 4 AktG.

Die Vorschriften über die Mitteilung und Veröffentlichung von qualifizierten Beteiligungen von Unternehmensaktionären nach § 20 AktG seien zwingendes Recht; sie dienten dem Zweck, Aktionäre, Gläubiger und die Öffentlichkeit über bestehende oder entstehende Konzernbildungen zu informieren und zugleich Rechtssicherheit über die Beteiligungsquoten zu schaffen. Auf die Einhaltung der Mitteilungspflichten nach § 20 AktG könne auch dann nicht verzichtet werden, wenn die meldepflichtige Beteiligung der Gesellschaft schon bekannt sei. Denn erst wenn die Beteiligung schriftlich mitgeteilt worden sei, sei die Gesellschaft gemäß § 20 Abs. 6 AktG verpflichtet, sie in den Gesellschaftsblättern bekanntzumachen.

Ein Aktionär genüge seiner Mitteilungspflicht nur, wenn die Gesellschaft nicht korrigierend eingreifen müsse und die Beteiligung und deren Inhaber bekannt machen könne wie sie ihr mitgeteilt wurden, ohne dass in der Öffentlichkeit Zweifel entstehen, welche Art Beteiligung gemeint ist und wem sie zuzurechnen ist.

Aus dem auf die Veröffentlichung nach § 20 Abs. 6 AktG abzielenden Zweck der Mitteilungspflichten nach § 20 AktG ergebe sich des Weiteren, dass die schriftliche Mitteilung nach Form und Inhalt darauf ausgerichtet sein müsse, von dem Vorstand der Aktienge-sellschaft als Mitteilung im Sinne von § 20 AktG aufgefasst zu werden. Sie müsse außer-dem erkennen lassen, auf welchen Mitteilungstatbestand sie sich beziehe, wozu ein zutreffender Hinweis auf die betreffenden Absätze des § 20 AktG ausreiche.

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