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Neue europäische Spielzeugverordnung

26.08.2021

Die Spielwarenbranche darf sich auf verschärfte Anforderungen an den Vertrieb von Spielzeug in Europa einstellen.

Wenn es nach der Europäischen Kommission und dem Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz des Europäischen Parlaments geht, soll die derzeit geltende EG-Spielzeugrichtlinie 2009/48/EG bis Ende 2022 durch eine neue europäische Spielzeugverordnung ersetzt werden. Die Regelungen über die Sicherheit von Spielzeug werden in diesem Zusammenhang absehbar verschärft werden.

Dem Trend der letzten Jahre folgend, soll das neugefasste europäische Spielzeugrecht nicht mehr als europäische Richtline, sondern im Gewand einer europäischen Verordnung erscheinen. Vorbilder für diese Rechtsentwicklung aus jüngerer Zeit sind beispielsweise die Verordnung über persönliche Schutzausrüstung 2016/425 („PSA-VO“) oder auch die seit 16.07.2021 geltende EU-Marktüberwachungsverordnung („MÜ-VO“). Anders als heute werden die europäisch harmonisierten Anforderungen zum Inverkehrbringen von Spielzeug künftig also unmittelbar gelten, ohne dass es einer Umsetzung der Vorschriften durch den deutschen Gesetzgeber in nationales Recht – wie heute über die Zweite Verordnung zum Produktsicherheitsgesetz (2. ProdSV - „Spielzeugverordnung“) – bedarf. Diese Umstellung der Regelungstechnik ist zu begrüßen. Die Mitgliedsstaaten haben angesichts der vollständigen Harmonisierung der Anforderungen an die Verkehrsfähigkeit von Spielzeug ohnehin keinen Spielraum mehr für nationale Regelungen. Die europäische Verordnung lässt nationale Regelungen weitgehend entfallen und ist ein zeitgemäßes Regelungsinstrument, das aktuell bereits bei der Revision der EG-Maschinenrichtlinie 2006/42/EG und der Richtline über die allgemeine Produktsicherheit zum Einsatz kommt.

Derzeit befindet sich der geplante Revisionsprozess der Spielzeugrichtlinie noch in einem sehr frühen Stadium. Aktuell liegt ein Initiativbericht des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz des Europäischen Parlaments vor, der auf einer von der Kommission vorgelegten Evaluierung der EG-Spielzeugrichtlinie 2009/48/EG beruht und mögliche Änderungen skizziert.

Absehbar scheint bereits heute, dass insbesondere die Anforderungen an die chemische Sicherheit und an die stoffliche Zusammensetzung von Spielzeug überarbeitet und im Vergleich zur heutigen Rechtslage verschärft werden. Diskutiert wird dabei beispielsweise, die bestehenden Ausnahmebestimmungen zum Verbot der Verwendung von CMR-Stoffen (karzinogene, mutagene oder reproduktionstoxische chemische Stoffe) weiter einzuschränken. Außerdem soll die EU-Kommission die Möglichkeit erhalten, in größerem Maße Anpassungen der Verordnung im Wege von Durchführungsbeschlüssen vorzunehmen, um künftig flexibler und schneller auf neueste Erkenntnisse aus der Wissenschaft in Bezug auf stoffliche Gefährdungen reagieren zu können.

Sehr zu begrüßen wäre insbesondere die im Initiativbericht angesprochene Einführung geeigneter Definitionen, die bei der Einordnung sogenannter „Grauzonenprodukte“ Hilfestellung bieten könnten. Hierbei handelt es sich um Produkte, die kein Spielzeug im Sinne des europäischen Spielzeugrechts sind, aber mit Spielzeug verwechselt werden können und daher von den europäischen Marktüberwachungsbehörden häufig zu Unrecht dem strengen Regime des Spielzeugrechts unterstellt werden. Zahlreiche verwaltungsgerichtliche Verfahren hatten in den letzten Jahren ihre Ursache in der unzureichenden Regelung dieser Produkte durch die Spielzeugrichtlinie.

Welche weiteren Änderungen der Rechtslage die neue europäische Spielzeugverordnung mit sich bringen wird, ist heute noch weitgehend offen. Nach dem genannten Initiativpapier ist insbesondere ein vernetzteres und effizienteres Vorgehen der nationalen Marktüberwachungsbehörden geplant, wobei auch neue Technologien wie Blockchain und künstliche Intelligenz nutzbar gemacht werden sollen. Sicher werden sich die Wirtschaftsakteure, vor allem aber die Verbände, in den weiteren Entstehungsprozess aktiv einbringen und das neue Regelwerk ein Stück weit mitgestalten. Aus industrieanwaltlicher Perspektive bleibt zu hoffen, dass der europäische Gesetzgeber der ausufernden „Leitlinien-Politik“ der Europäischen Kommission ein Ende setzt und die zahlreichen Interpretationspapiere zur Auslegung der Spielzeugrichtlinie überflüssig macht, indem die neue Verordnung entsprechend klare und abgrenzungsscharfe Regelungen schafft.

Hersteller, Einführer und Händler von Spielwaren sollten die weitere Entwicklung der neuen europäischen Spielzeugverordnung im Auge behalten, um sich rechtzeitig auf die damit einhergehenden Neuerungen einzustellen.

 

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