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Reform der kauf­rechtlichen Mängel­haftung – Neue Regress­risiken für Hersteller, Lieferanten und Letzt­verkäufer

12.09.2017

Am 01.01.2018 tritt das Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts und zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung in Kraft (BGBl. I Nr. 23 vom 4.5.2017, S. 969 ff.). Die Neuerungen im Kaufrecht haben gravierende Auswirkungen auf die Vertragsverhältnisse in Lieferketten und bergen neue Regressrisiken für Hersteller, Lieferanten und Endverkäufer. Denn mit der Reform werden die Regressmöglichkeiten auf Sachverhalte ausgedehnt, in denen am Ende der Lieferkette ein Unternehmer steht.

Lieferketten sind aus dem modernen Wirtschaftsleben nicht weg zu denken. Die Grundstruktur einer typischen Lieferkette stellt sich wie folgt dar:

Falls das Produkt einen Mangel hat, zeigt sich dieser häufig erst beim Letztkäufer. Die Ursache für den Mangel fällt dabei regelmäßig nicht in den Verantwortungsbereich des Letztverkäufers oder der Zwischenhändler, sondern ist auf mangelhafte Herstellung zurückzuführen. Ziel muss es sein, das mangelhafte Produkt entlang der Lieferkette an den verantwortlichen Hersteller weiterzureichen. Dazu muss jeder Käufer in der Lieferkette die Ansprüche gegen „seinen“ Verkäufer geltend machen.

Es liegt auf der Hand, dass auf diesem Weg zahlreiche „Regressfallen“ lauern. Besonders deutlich wird dies, wenn am Ende der Lieferkette als Letztkäufer ein Verbraucher steht. Denn im Verhältnis Verbraucher – Unternehmer wird der Verbraucher durch zahlreiche Vorschriften begünstigt, etwa durch die Beweislastumkehr des § 477 BGB n.F. (§ 476 BGB). Dieses Problem hat auch der Gesetzgeber erkannt und in den §§ 478 f. BGB gelöst. So wird die Beweislastumkehr gemäß § 478 Abs. 3 BGB auf das Verhältnis zwischen Letztverkäufer und Lieferant erweitert, obwohl der Letztverkäufer ja auch Unternehmer ist. Dieses Prinzip galt bislang jedoch nur, wenn am Ende der Lieferkette ein Verbraucher stand.

Das Erfordernis eines Verbrauchsgüterkaufs am Ende der Lieferkette wird mit der Reform zum 01.01.2018 aufgegeben. Die Regressregelungen wurden aus dem Zusammenhang mit dem Verbrauchsgüterkauf (§§ 474 ff. BGB) gelöst und finden sich nun in
§§ 445a und 445b BGB n.F. in den allgemeinen Vorschriften zum Kauf. Damit einher gehen zahlreiche neue Regressrisiken für Hersteller (und Lieferanten) solcher Produkte, die nicht für den Konsum durch Verbraucher bestimmt sind. Konnten sich Hersteller und Lieferanten gewerblicher Produkte bislang darauf verlassen, dass für die Vertragsbeziehung zu ihren Käufern „normale“ kaufrechtliche Standards, macht die Neuregelung (vgl. § 445a Abs. 2 BGB n.F.) hier ein Umdenken erforderlich.

Der Gesetzgeber erhöht mit der Reform den Druck, die Lieferung mangelhafter Ware wegen der hiermit verbundenen wirtschaftlichen Kosten zu vermeiden. Es lohnt sich daher mehr denn je, in Qualitätssicherung zu investieren. In Bezug auf die Restrisiken ist über eine Versicherung nachzudenken. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber der Vertragsfreiheit juristische Spielräume belassen (vgl. § 478 Abs. 2 Satz 1 BGB n.F.), die genutzt werden sollten. Hersteller und Lieferanten gewerblicher Produkte müssen sich der neuen Regressrisiken bewusst werden und ihre Vertragsbedingungen überarbeiten.

Zu diesem Thema finden Sie hier einen englischen Artikel von Herrn Dr. Juan Carlos Dastis.  

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