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Richtlinienentwurf zum Recht auf Reparatur vorgestellt

26.04.2023

Am 22. März 2023 hat die Europäische Kommission ihren lang erwarteten Entwurf einer Richtlinie über das Recht auf Reparatur für Verbraucherprodukte vorgelegt. Der neue Rechtsakt führt zu einer empfindlichen Ausweitung der Herstellerverantwortung für Produkte in Europa. Verbrauchern soll künftig über ihre Gewährleistungsrechte hinaus ein direkter Anspruch gegen die Hersteller von Produkten zustehen. Als Teil des ehrgeizigen „Green Deals“ Projekts der EU-Kommission soll der Entwurf zu einem nachhaltigeren Umgang mit Ressourcen führen und für Verbraucher einen einfachen und kostengünstigen Weg schaffen, Produkte reparieren zu lassen.

Um welche Produkte geht es?

Der Richtlinie soll eine Vielzahl von Produkten unterfallen, die von nahezu jedem Verbraucher genutzt werden. Zu nennen sind insbesondere Haushaltsgeräte wie Geschirrspüler, Kühlgeräte oder Staubsauger, aber auch Produkte wie Smartphones oder Tablets. Ein Recht auf Reparatur soll dann bestehen, wenn ein Produkt einen Mangel aufweist, für den der Verkäufer nach den gesetzlichen Gewährleistungsvorschriften nicht haftet. Dies kann der Fall sein, wenn der Mangel zum Zeitpunkt der Übergabe der Ware an den Verbraucher noch nicht vorhanden war oder sich der Mangel erst nach Ablauf der Gewährleistungsfrist zeigt. Dabei soll es keine Rolle spielen, ob der Verbraucher den Mangel selbst verursacht hat.

Verpflichtung zur Reparatur

Der Entwurf statuiert zu Lasten der Hersteller eine Pflicht zur Reparatur der von ihnen vermarkteten Produkte. Hersteller bleiben daher auch nach Ablauf der Gewährleistungszeit in gewissem Umfang für die Funktionsfähigkeit ihrer Produkte verantwortlich. Sie müssen Reparaturen zwar nicht stets kostenlos anbieten, allerdings dürfte schon die Bereitstellung der erforderlichen Infrastruktur erhebliche Kosten für die Hersteller mit sich bringen, selbst wenn sie bei der Erfüllung ihrer Reparaturpflichten auf Subunternehmer zurückgreifen.

Zusätzlich zur Reparatur müssen Hersteller künftig sicherstellen, dass unabhängige Reparateure Zugang zu Ersatzteilen und zu den für eine Reparatur erforderlichen Informationen erhalten. Dadurch soll der Verbraucher frei entscheiden können, wer die Reparatur vornehmen soll. Für Hersteller bedeutet dies, dass sie eine eigene Infrastruktur für Reparaturen aufbauen müssen und gleichzeitig andere Unternehmen in die Lage versetzen müssen, vergleichbare Leistungen, die im Wettbewerb zur eigenen Reparaturdienstleistung stehen, anzubieten.

Um Verbraucher vor überteuerten Reparaturangeboten zu schützen, sind Hersteller und unabhängige Reparateure verpflichtet, auf Anfrage von Verbrauchern ein Angebot über die Reparaturkosten zu erstellen. Darüber hinaus verpflichtet die Richtlinie die Mitgliedstaaten zur Errichtung einer Online-Plattform, die es Verbrauchern ermöglicht, Reparateure sowie Verkäufer von wieder aufbereiteten Produkten ausfindig zu machen.

Anzupassende europäische Rechtsakte

Nach dem Richtlinienentwurf sind die Richtlinie (EU) 2019/771 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Warenkaufs, die Richtlinie (EU) 2020/1828 über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher sowie die Verordnung (EU) 2017/2394 über die Zusammenarbeit der für Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden anzupassen.

Was bedeutet der Entwurf für die Praxis?

Der Richtlinienentwurf der Europäischen Kommission muss zunächst noch den Europäischen Gesetzgebungsprozess durchlaufen und in nationale Vorschriften umgesetzt werden. Bereits heute ist indes absehbar, dass auf Hersteller ein erheblicher zusätzlicher finanzieller und logistischer Aufwand zukommt. Aufgrund des Direktanspruchs von Verbrauchern müssen eigene Reparaturmöglichkeiten geschaffen werden. Aufgrund der Verpflichtung, auch Wettbewerbern entsprechende Reparaturen zu ermöglichen, wird die Industrie zugleich Lösungen entwickeln müssen, um ihre eigenen Reparaturdienstleistungen in wettbewerbsfähiger Form anzubieten, ohne Wettbewerber unzulässig zu behindern. Der Aufbau entsprechender Infrastrukturen wird für die Hersteller nicht unerhebliche Kosten mit sich bringen, die sie an die Verbraucher werden weitergeben müssen. Für Hersteller bedeutet dies, dass sie eine eigene Infrastruktur für Reparaturen inklusive langjähriger Ersatzteil-Bevorratung aufbauen müssen.

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