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Das neue steuerliche Options­modell für Personen­gesellschaften als Instrument für Familien­unternehmen und Family Offices

08.10.2021

Hintergrund

Am 30.06.2021 wurde das Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG) verkündet. Mit Wirkung zum 01.01.2022 wird damit in Deutschland erstmals ein steuerliches Optionsmodell für Personengesellschaften eingeführt. Es ermöglicht bestimmten Personengesellschaften, zur Besteuerung als Kapitalgesellschaft zu optieren. Damit sollen insbesondere die steuerlichen Rahmenbedingungen für Familienunternehmen und mittelständische Personengesellschaften verbessert werden. Der Gesetzgeber reagiert damit auf entsprechende Forderungen aus der Praxis und von Verbänden, gerade investitionsstarke und nachhaltig ausgerichtete Unternehmen steuerlich zu entlasten. Je nach Geschäftsmodell, Unternehmensplanung und Gesellschaftsstruktur eröffnet das Optionsmodell für die typischerweise als Personengesellschaften organisierten Familienunternehmen eine attraktive Gestaltungsalternative. Wir haben zehn praktisch wichtige Fragen und Antworten zum Optionsmodell und seiner Umsetzung für Sie zusammengefasst:

Zehn Fragen und Antworten

1. Was ist das Grundkonzept des Optionsmodells?

Kern des Optionsmodells ist das Wahlrecht für Personengesellschaften sich wie Kapitalgesellschaften besteuern zu lassen, um so eine rechtsformneutrale Besteuerung zu erreichen. Der Wechsel des Besteuerungsregimes ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2022 möglich.

Gleichzeitig bleiben die gesellschaftsrechtlichen Vorteile der Personengesellschaft gewahrt (weitgehende Gestaltungsfreiheit, eingeschränkte Publizität, Beherrschung auch ohne Kapitalmehrheit, usw.).

2. Was verbessert sich durch das Optionsmodell für Personengesellschaften?

Der wesentliche steuerliche Vorteil des Optionsmodells besteht darin, dass Personengesellschaften ihre Gewinne wie Kapitalgesellschaften zu einem niedrigeren Steuersatz in Höhe von ca. 30% thesaurieren können. Gewinne aus Kapitalbeteiligungen können unter Umständen sogar nur mit einer steuerlichen Effektivbelastung von ca. 1,5% thesauriert werden. Dies ist insbesondere dann interessant, wenn die Gewinne für Investitionen eingesetzt werden sollen. Bislang waren Personenunternehmen auch im Thesaurierungsfall mit der relativ hohen Einkommensteuer von 45% (Spitze) zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer belastet. Hinzu kommt typischerweise die Gewerbesteuer, die – je nach Hebesatz der Gemeinde – nicht vollständig auf die Einkommensteuer angerechnet werden kann. Zwar gab es für Personenunternehmen bislang schon die Möglichkeit, dass die Gesellschafter von der sogenannten Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG Gebrauch machen. Diese war in der Praxis jedoch unattraktiv (Studien zufolge weniger als 6.500 Fälle pro Jahr). Das liegt u.a. daran, dass das Thesaurierungsprivileg etliche Hürden und praktische Schwierigkeiten mit sich bringt. Unter anderem unterliegt die Zahlung der Einkommensteuer auf die thesaurierten Gewinne als Entnahme selbst der Einkommensteuer. Zudem kann es bei späteren Anteilsübertragungen oder Umstrukturierungen zu einer nachträglichen Versteuerung der thesaurierten Beträge kommen. Diese Restriktionen gibt es beim Optionsmodell nicht.

3. Welche Personengesellschaften können das Optionsmodell nutzen?

Das Optionsmodell können Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG, GmbH/AG/SE/Stiftung & Co. KG) sowie Partnerschaftsgesellschaften nutzen. Für Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) ist die Option aktuell nicht vorgesehen. Diese müssten also zunächst in eine Personenhandelsgesellschaft formgewechselt werden.

Die Option steht theoretisch auch ausländischen Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften offen. Dies gilt aber nur, wenn diese nach Ausübung der Option in ihrem Geschäftsleitungsstaat unbeschränkt steuerpflichtig sind. Damit soll vermieden werden, dass durch die Option hybride Gesellschaften entstehen, d.h. solche, die in ihrem Geschäftsleitungsstaat transparent sind, in Deutschland als Quellenstaat aber intransparent behandelt werden. Im Ergebnis sind damit lediglich ausländische (Personen-)Gesellschaften erfasst, die schon vor Ausübung der Option im Ausland wie eine Kapitalgesellschaft besteuert werden (z.B. eine US-amerikanische Partnership, die nach der check the box-election für US-steuerliche Zwecke wie eine Corporation besteuert wird). Dies schränkt den Anwendungsbereich des Optionsmodells für ausländische Gesellschaften erheblich ein.

Nicht zur Körperschaftsbesteuerung optieren können ferner Einzelunternehmen sowie Investmentfonds im Sinne des Investmentsteuergesetzes.

4. Wann und wie ist die Option auszuüben?

Personengesellschaften können auf Antrag erstmals im Veranlagungs- bzw. Erhebungszeitraum 2022 wie eine Körperschaft besteuert werden. Damit die Option wirksam ist, muss der Antrag spätestens einen Monat vor Beginn des Wirtschaftsjahres gestellt werden, ab dem die Besteuerung wie eine Kapitalgesellschaft gelten soll. Für die erstmalige Anwendung ab dem Veranlagungs-/Erhebungszeitraum 2022 muss der Antrag somit spätestens am 30.11.2021 gestellt werden.

Der Antrag ist in der Regel elektronisch über die amtlich bestimmte Schnittstelle bei dem für das Feststellungsverfahren der Personengesellschaft zuständigen Finanzamt zu stellen und ist unwiderruflich (allerdings kann die Option rückgängig gemacht werden, siehe unten). Erfolgt keine gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen, ist der Antrag bei dem Finanzamt zu stellen, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren (inländischen) Sitz hat, andernfalls bei dem für die Einkommen- oder Körperschaftsteuer der Gesellschafter zuständigen Finanzamt. Für Gesellschaften, die nur abzugssteuerpflichtige Einkünfte erzielen und deren Gesellschafter im Inland nur beschränkt steuerpflichtig sind (insb. Kapitalertragsteuer auf inländische Kapitaleinkünfte), ist der Antrag beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zu stellen.

Der Antrag ist von dem geschäftsführungs- und vertretungsberechtigten Gesellschafter zu stellen. Ferner ist grundsätzlich ein einstimmiger Gesellschafterbeschluss erforderlich. Der Gesellschaftsvertrag kann jedoch auch eine Mehrheitsentscheidung der Gesellschafter vorsehen. Die Mehrheit muss in diesem Fall mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen betragen (§ 1a Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 KStG, § 217 Abs. 1 UmwG). Häufig sehen bestehende Gesellschaftsverträge von Familiengesellschaften vor, dass Umwandlungsmaßnahmen mit entsprechender Mehrheit beschlossen werden können. Da der Antrag zur Besteuerung als Körperschaft weitreichende rechtliche und wirtschaftliche Implikationen hat und der widersprechenden Minderheit – anders als beim echten Formwechsel – kein Abfindungsangebot gemäß § 207 UmwG zu unterbreiten ist, kann die Optionsausübung jedoch nicht pauschal einer Umwandlungsmaßnahme gleichgestellt werden. Die Zulässigkeit der Mehrheitsentscheidung ist vielmehr mit Blick auf die konkreten Gesellschaftsverhältnisse einschließlich der Zumutbarkeit für die Minderheit zu bestimmen. Erst recht gilt dies, wenn der Gesellschaftsvertrag nur ganz allgemein Mehrheitsentscheidungen zulässt. Im Vorgriff auf die anlässlich der Reform des Personengesellschaftsrechts ohnehin bei vielen Gesellschaften bevorstehende Revision der Gesellschaftsverträge empfiehlt sich daher die Aufnahme einer expliziten Regelung, wonach die Beschlussfassung über den Optionsantrag mit Dreiviertelmehrheit zulässig ist.

Der am 30.09.2021 an die Verbände zur Stellungnahme übersandte Entwurf eines BMF-Schreibens zur Option zur Körperschaftsbesteuerung sieht in diesem Zusammenhang vor, dass „mit dem Antrag auf Option zur Körperschaftsbesteuerung nachzuweisen ist, dass die erforderliche Anzahl der Gesellschafter der Ausübung der Option zugestimmt hat“. Dies kann unseres Erachtens allenfalls eine summarische Prüfung meinen. Andernfalls hätte der zuständige Finanzbeamte eine vertiefte gesellschaftsrechtliche Prüfung vorzunehmen, was kaum zumutbar sein kann.

5. Führt die Optionsausübung selbst zu einer Steuerbelastung?

Ob die Optionsausübung selbst zu einer (einmaligen) Steuerbelastung auf Ebene der Gesellschaft oder der Gesellschafter führt, hängt insbesondere von folgenden Aspekten ab:

  • Die Option zur Körperschaftsbesteuerung wird steuerlich wie ein Formwechsel in eine Kapitalgesellschaft behandelt und ist daher grundsätzlich steuerneutral – d.h. ohne Aufdeckung stiller Reserven – möglich, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Insbesondere kommt es dafür darauf an, dass sämtliche wesentliche Betriebsgrundlagen, die bei der Gesellschaft (noch) vorhanden sind, mit in das neue Besteuerungsregime übergehen. Herausfordernd kann das bei Sonderbetriebsvermögen sein, d.h. bei Wirtschaftsgütern, die zivilrechtlich im Eigentum der Gesellschafter stehen, aber steuerlich zum Betriebsvermögen der Personengesellschaft zählen. Das gilt typischerweise für von der Gesellschaft genutzte Betriebsimmobilien, die sogenannte wesentliche Betriebsgrundlagen darstellen. Diese müssen beispielsweise zeitgleich mit Wirkung der Option zivilrechtlich auf die optierende Personengesellschaft übertragen werden oder mit ausreichend zeitlichem Abstand zum Wirksamwerden der Option in ein anderes Betriebsvermögen ausgegliedert werden, um eine Besteuerung stiller Reserven (ohne entsprechenden Liquiditätszufluss) zu vermeiden.

  • Weiterhin ist zu beachten, dass die Anteile, die die Gesellschafter nach wirksam ausgeübter Option an der optierenden Personengesellschaft halten, für einen Zeitraum von sieben Jahren sperrfristbehaftet sind. Das bedeutet insbesondere, dass die Veräußerung dieser Anteile, einer solchen Veräußerung gleichgestellte Vorgänge oder bestimmte unentgeltliche Übertragungen innerhalb dieses siebenjährigen Zeitraums zu einem Sperrfristverstoß führen – das wiederum hat zur Folge, dass rückwirkend auf den Zeitpunkt der Wirksamkeit der Optionsausübung eine steuerwirksame Realisation der stillen Reserven in den eingebrachten Wirtschaftsgütern erfolgt. Dieser siebenjährige Zeitraum schmilzt aber ab, d.h. für jedes abgelaufene Jahr ab Wirksamkeit der Option kommt es iHv. 1/7 nicht zur rückwirkenden Besteuerung. Auch Gesellschafter, die kurz- bis mittelfristig eine Veräußerung ihrer Anteile in Betracht ziehen, können das Optionsmodell zumindest zu einem gewissen Umfang nutzen.

  • Da die Option wie ein Formwechsel behandelt wird, kann sie unter Umständen auch eine Nachversteuerung von sog. Thesaurierungsbeträgen auslösen. Dies kann Personengesellschaften treffen, die bislang von der Thesaurierungsbegünstigung (§34a EStG) Gebrauch gemacht haben.

  • Auf Ebene der optierenden Personengesellschaft kommt es mangels Ausnahmeregelung zudem zu einem Untergang etwaiger vorhandener gewerbesteuerlicher Verlustvorträge. Auf Ebene der Gesellschafter vorhandene einkommensteuerliche Verlustvorträge bleiben demgegenüber grundsätzlich erhalten, können jedoch nicht mit positiven Einkünften aus der optierenden Personengesellschaft verrechnet werden.

6. Wie unterscheidet sich die laufende Besteuerung vor und nach der Option konkret?

Die Besteuerung auf Gesellschafts- und Gesellschafterebene nach der Optionsausübung unterscheidet sich grundlegend von der bisherigen (transparenten) Besteuerung der Personengesellschaft:

  • Die optierende Personengesellschaft unterliegt mit ihren Einkünften der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer. Das bedeutet vereinfacht gesagt, dass die Einkünfte der Gesellschaft einer zusätzlichen Belastung i.H.v. 15,825% (Körperschaftsteuer inkl. Solidaritätszuschlag) unterliegen. Ferner kann die auf der Gesellschaftsebene anfallende Gewerbesteuer bei natürlichen Personen als Gesellschaftern nicht mehr auf die Einkommensteuer angerechnet werden. Da die optierende Gesellschaft wie eine Kapitalgesellschaft besteuert wird, können Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften sowie – bei einer Beteiligungshöhe von mindestens 15% – auch Dividenden zu 95% körperschaftsteuerfrei und gewerbesteuerfrei vereinnahmt werden.

  • Leistungsbeziehungen zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern werden – von Ausnahmen abgesehen (verdeckte Gewinnausschüttungen/verdeckte Einlagen) – anerkannt. Das betrifft z.B. die Vermietung von Immobilien an die Gesellschaft, die Gewährung von Gesellschafterdarlehen oder sonstige Dienstleistungen, die an die Gesellschaft erbracht werden (z.B. Beratungs- oder Geschäftsführungstätigkeiten). Anders als vor der Option werden die hieraus erzielten Einkünfte nicht als Sondervergütungen oder Sonderbetriebseinnahmen behandelt, sondern bei der Gesellschaft als Betriebsausgabe berücksichtigt. Diese mindern somit auch den der Gewerbesteuer unterliegenden Gewerbeertrag der Gesellschaft. Umgekehrt erzielen die Gesellschafter hieraus grundsätzlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, aus Kapitalvermögen oder aus nichtselbstständiger Tätigkeit. Ferner ist zu beachten, dass die Gesellschafter Aufwendungen, die ihnen im Zusammenhang mit ihrer Gesellschafterstellung entstehen (z.B. Zinsaufwand aus der Finanzierung des Beteiligungserwerbs), nicht mehr als Sonderbetriebsausgaben berücksichtigen können, sondern diese nur noch als Werbungskosten bei ihren Kapitaleinkünften abziehbar sind.

  • Im Hinblick auf ihre Einkünfte aus der Gesellschaftsbeteiligung werden Gesellschafter der optierten Personengesellschaft so behandelt, als wären sie Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft. Die von der Gesellschaft erzielten Gewinne oder Verluste werden den Gesellschaftern nicht zugerechnet. Gewinne der Gesellschaft unterliegen bei den Gesellschaftern erst und nur in dem Umfang der Besteuerung, wie diese als ausgeschüttet gelten. Das wiederum ist der Fall, wenn die jeweiligen Gewinnanteile von den betreffenden Gesellschafterkonten entnommen werden oder ihre Auszahlung verlangt werden kann. Da Personengesellschaftsverträge regelmäßig auf eine transparente Besteuerung zugeschnitten sind und vorsehen, dass zumindest Teile des Jahresergebnisses individuellen Gesellschafterkonten zugeschrieben werden und von den Gesellschaftern entnommen werden können, werden diese Gewinnanteile nach der Option als an die Gesellschafter ausgeschüttet behandelt und unterliegen der Ausschüttungsbesteuerung. Es ist daher dringend angeraten, die bestehenden Regelungen des Gesellschaftsvertrags zu den Konten und der Ergebnisverteilung zu überprüfen und so anzupassen, dass die individuellen Gewinnanteile erst bei “tatsächlicher Ausschüttung“ der Besteuerung unterliegen und der Thesaurierungsvorteil der optierenden Personengesellschaft auch effektiv genutzt werden kann. Etwa kann die Ergebnisverwendung – wie bei Kapitalgesellschaften – unter Beschlussvorbehalt gestellt und eine unvorhergesehene Ausschüttungsbesteuerung auf diese Weise vermieden werden. Verluste sind bei ausgeübter Option auf Ebene der Gesellschaft „eingesperrt“ und lassen sich nicht mit positiven Einkünften der Gesellschafter verrechnen.

  • Für natürliche Personen als Gesellschafter optierter Personengesellschaften findet auf die Gewinnausschüttungen grundsätzlich die Abgeltungsteuer mit einem Steuersatz von 26,375% (inkl. Solidaritätszuschlag) Anwendung. Werbungskosten wie z.B. Fremdfinanzierungsaufwendungen sind nicht abziehbar. Es wird nur der Werbungskosten-Pauschbetrag in Höhe von EUR 801 (bzw. EUR 1.602 bei Zusammenveranlagung) zum Abzug gebracht. Bei Beteiligungen in einem Betriebsvermögen und (abhängig von der Beteiligungshöhe) auf Antrag bei Beteiligungen im Privatvermögen findet das Teileinkünfteverfahren Anwendung finden (d.h. tariflicher Einkommensteuersatz, aber 40%-Steuerbefreiung der Einkünfte). Bei Kapitalgesellschaften als Gesellschafter unterliegen die Gewinnausschüttungen grundsätzlich nochmals der Körperschaft- und Gewerbesteuer. Bei einer Beteiligungshöhe von mindestens 10% bzw. 15% sind die Ausschüttungen aber effektiv zu 95% von der Körperschaftsteuer bzw. Gewerbesteuer steuerbefreit (d.h. es verbleibt eine effektive Steuerbelastung i.H.v. ca. 1,5%).

Zu beachten ist, dass die Option sich nicht unmittelbar auf die Umsatzsteuer, die Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie die Grunderwerbsteuer auswirkt. In bestimmten Bereichen gibt es jedoch Folgewirkungen, die zu beachten sind (siehe Nr. 8).

7. Können die Gesellschafter auch nach erfolgter Option zur Körperschaftsbesteuerung weiterhin (steuerneutral) Entnahmen von ihren Privatkonten vornehmen?

Die bis zur Wirksamkeit der Optionsausübung erwirtschafteten und besteuerten Gewinne können steuerneutral von den Privatkonten entnommen werden. Die ab wirksamer Option erwirtschafteten Gewinne werden im ersten Schritt der Körperschaftsteuer zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. der Gewerbesteuer unterworfen. Bei einer Entnahme oder bei Verbuchung des Nachsteuergewinns auf den Privatkonten kommt es außerdem zu einer Ausschüttungsbesteuerung dieser Gewinnanteile (siehe dazu Frage 6). Die Entnahme vom Privatkonto selbst ist im zuletzt genannten Fall dann wiederum steuerneutral (d.h. keine doppelte Besteuerung).

Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang die sog. Verwendungsfiktion bei Kapitalgesellschaften. Diese besagt, dass steuerlich zuerst die thesaurierten Gewinne (sog. ausschüttbarer Gewinn) und erst anschließend das eingezahlte Kapital sowie die bis zur Optionsausübung erwirtschafteten und nach altem Recht besteuerten Gewinne ausgeschüttet werden. Die beiden letztgenannten Beträge werden bei Optionsausübung auf dem sog. steuerlichen Einlagekonto verbucht. Dabei ist zu beachten, dass für die optierende Personengesellschaft ein gemeinsames steuerliches Einlagekonto geführt wird. Es steht damit sämtlichen Gesellschaftern zu. Etwaige – nur für steuerliche Zwecke geführte – Ergänzungsbilanzen der jeweiligen Gesellschafter erhöhen bzw. vermindern das Gesellschaftskapital der optierenden Gesellschaft und somit das Einlagekonto. Um zu erreichen, dass die Beteiligung der jeweiligen Gesellschafter am Einlagekonto im Ergebnis auch der kapitalmäßigen Beteiligung entspricht, sollte bereits im Vorfeld der Optionsausübung ein Ausgleich zwischen den Gesellschaftern erfolgen (z.B. durch Entnahmen oder Einlagen in die Kapitalkonten). Andernfalls besteht insbesondere das Risiko, dass einzelne Gesellschafter Kapitalrückzahlungen erhalten, die ihre Anschaffungskosten für die Beteiligung an der optierenden Personengesellschaft übersteigen – für die betroffenen Gesellschafter würde das einen Veräußerungsvorgang darstellen, der innerhalb der siebenjährigen Haltefrist nach wirksamer Optionsausübung rückwirkend zu einer steuerlichen Realisation der Option führt.

8. Ergeben sich Änderungen für die Erbschaft- und Schenkungsteuer, insbesondere im Hinblick auf vorweggenommene Erbfolgen?

Für die Erbschaft- und Schenkungsteuer ergeben sich unmittelbar keine Änderungen. Insbesondere sind die Anteile an optierenden Mitunternehmerschaften für Zwecke der Betriebsvermögensverschonungen weiterhin unabhängig von der konkreten Beteiligungshöhe privilegiert und stellen kein Verwaltungsvermögen dar – für Anteile an Kapitalgesellschaften gilt das nur, wenn der Schenker oder Erblasser am Nennkapital dieser Gesellschaft unmittelbar zu mehr als 25% beteiligt war. Gerade bei Familienunternehmen werden zwischen Gesellschaftern regelmäßig sog. Poolvereinbarungen abgeschlossen, wonach sich diese Gesellschafter dazu verpflichten, die Anteile nur einheitlich oder untereinander zu übertragen sowie das Stimmrecht gegenüber anderen Gesellschaftern einheitlich auszuüben. In diesen Fällen erfolgt eine Zusammenrechnung der einzelnen Beteiligungen und lässt sich damit die erforderliche 25%-Beteiligungshöhe erreichen. 

Noch nicht abschließend geklärt ist, wie für erbschaft- und schenkungsteuerliche Zwecke mit Sonderbetriebsvermögen des zuwendenden Gesellschafters umzugehen ist: Hierbei handelt es sich bei nicht optierenden Personengesellschaften grundsätzlich um begünstigungsfähiges Vermögen. Da es im Zuge der Option zur Körperschaftsbesteuerung zu einem Wegfall der Kategorie des Sonderbetriebsvermögens kommt, stellt sich die Frage, ob dies nur für ertragsteuerliche Zwecke gilt oder auch für die Erbfolge- und Schenkungsbesteuerung. Dafür, dass Sonderbetriebsvermögen weiterhin als begünstigungsfähiges Vermögen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer zu berücksichtigen ist, spricht zwar, dass der Gesetzgeber die optierenden Personengesellschaften in der maßgeblichen Regelung des Bewertungsgesetzes explizit den Mitunternehmerschaften gleichgestellt hat. Dagegen spricht jedoch, dass nach dieser Regelung Sonderbetriebsvermögen nur dann begünstigt ist, wenn es bei der Gewinnermittlung der Gesellschaft berücksichtigt wird – was nach erfolgter Option gerade nicht mehr der Fall ist. In der Praxis muss das aber nicht zwingend schädlich sein. Insbesondere kann das (ehemalige) Sonderbetriebsvermögen, das im Zuge der Optionsausübung auf die optierende Personengesellschaft oder in ein anderes Betriebsvermögen übertragen wurde (siehe dazu Frage 5), unter bestimmten Voraussetzungen weiterhin begünstigt übertragen werden.

Werden im Zuge der vorweggenommenen Erbfolge Anteile an einer Personengesellschaft schenkungsteuerlich begünstigt übertragen und wird anschließend die Option für diese Personengesellschaft ausgeübt, stellt dies keinen Verstoß gegen die schenkungsteuerliche fünf- oder sogar siebenjährige Behaltensfrist dar.

9. Ist die Ausübung der Option für die Wohnsitzverlagerung ins Ausland steuerlich relevant?

Die Ausübung der Option ist bei einem geplanten Wegzug ins Ausland grundsätzlich nachteilig. Das liegt daran, dass die Anteile an der optierenden Personengesellschaft wie Anteile an einer Kapitalgesellschaft behandelt werden. Während ein Gesellschafter einer Personengesellschaft grundsätzlich ohne Anfall von Steuern ins Ausland verziehen kann, findet bei Kapitalgesellschaften und künftig auch bei optierten Personengesellschaften die sog. Wegzugsbesteuerung Anwendung (sofern die Beteiligung des wegziehenden Gesellschafters zu einem Zeitpunkt innerhalb der letzten fünf Jahre mindestens 1% betragen hat). Das bedeutet, dass die (fiktiven) Kapitalgesellschaftsanteile als veräußert gelten und ein entsprechender Veräußerungsgewinn in Deutschland schlussbesteuert wird. Liegt die Optionsausübung weniger als sieben Jahre zurück, wird die Option selbst rückwirkend besteuert (vermindert um 1/7 pro abgelaufenem Jahr). Aufgrund der Verschärfungen der Wegzugsbesteuerung mit Wirkung ab dem Jahr 2022 führt die Wegzugsbesteuerung nicht nur bei Wegzügen in Drittstaaten (wie z.B. die USA), sondern auch bei einem Wegzug in das EU-Ausland grundsätzlich zu einer sofortigen Besteuerung (ggf. zahlbar in Raten); bis Ende 2021 würde die Wegzugsteuer bei einem entsprechenden Wegzug in das EU-Ausland erst bei tatsächlicher Veräußerung der Anteile fällig (Einzelheiten zu den jüngsten Verschärfungen der Wegzugsbesteuerung finden Sie hier).

10. Ist eine Rückoption möglich, und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?

Eine Rückoption ist auf Antrag jeweils zu Beginn des folgenden Wirtschaftsjahrs möglich. Allerdings ist einerseits zu berücksichtigen, dass eine Rückoption innerhalb von sieben Jahren nach erfolgter Option zu einer rückwirkenden Besteuerung im Zeitpunkt der erstmaligen Option zur Körperschaftsbesteuerung führt. Diese rückwirkende Besteuerung entfällt zeitanteilig für jedes abgelaufene Zeitjahr ab wirksamer Optionsausübung.

Andererseits ist zu beachten, dass auch die Rückoption steuerlich wie ein Formwechsel behandelt wird. Das bedeutet, dass die in der optierten Personengesellschaft thesaurierten Gewinne als fiktiv ausgeschüttet gelten – und damit auch der Thesaurierungsvorteil für die entsprechenden Gewinne endet. Zudem gehen etwaig aufgebaute steuerliche Verlustvorträge der Gesellschaft ersatzlos unter. Eine sorgfältige Analyse der unternehmens- und gesellschafterspezifischen Chancen und Risken im Vorfeld der Optionsausübung hilft, böse Überraschungen zu vermeiden.

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