Dawn Raids

Richtiges Verhalten bei Durchsuchungen

Mann im Konferenzraum vor Fensterfront Dawn Raid

Wenn Ihr Unternehmen verdächtigt wird, gegen Straf- oder Bußgeldvorschriften oder gegen Kartellrecht verstoßen zu haben, könnten Sie von einem Besuch der Ermittlungsbehörden („Dawn Raid“) überrascht werden. Hier finden Sie eine erste Hilfestellung für den Fall einer Durchsuchung durch die Kartellbehörden, die Staatsanwaltschaft, die Steuer- oder Zollfahndung.

Durchsuchungsaktionen bedeuten immer einen erheblichen Eingriff für die betroffenen Unternehmen und Personen. Nicht selten kommt es aufgrund der ungewohnten Belastungen zu folgenschweren (Fehl-)Entscheidungen, die sich später kaum noch korrigieren lassen. Jedes Unternehmen sollte deshalb für den Fall einer Durchsuchung ausreichend vorbereitet sein. Zwar kann eine Durchsuchung nicht verhindert werden, Tragweite und Auswirkungen der Aktion lassen sich aber durchaus begrenzen.

Unsere Dawn Raid Guidelines beantworten die drängendsten Fragen und bieten eine Richtschnur für das richtige Verhalten in der Durchsuchungssituation: Welche Befugnisse hat die Behörde bei einer Durchsuchung? Wo und was darf durchsucht, was darf beschlagnahmt werden?

Kartellbehörden

Durchsuchungen der Kartellbehörden

Die Kartellbehörden haben den Auftrag, den Wettbewerb zu schützen und Verstöße gegen Kartellrecht aufzudecken und abzustellen. Bei nachgewiesenen Verstößen können sie empfindliche Geldbußen verhängen.

Liegen hinreichende Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen das Kartellrecht vor, können die Kartellbehörden – unter Umständen unterstützt durch die Polizei – in den Räumen der verdächtigten Unternehmen unangekündigte Durchsuchungen durchführen. Durchsuchungen in den Privatwohnungen von Unternehmensangehörigen und in den Räumlichkeiten unbeteiligter Dritter sind ebenfalls möglich. Die Bediensteten durchsuchen Unterlagen, Laptops und Mobiltelefone, IT-Systeme usw. Es geht ihnen um das Auffinden von Beweismitteln zum Nachweis eines Rechtsverstoßes.

In Deutschland nehmen das Bundeskartellamt und die Kartellbehörden der Bundesländer diese Aufgaben wahr (→ Durchsuchungen durch die deutschen Kartellbehörden).

Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten ist auch die Europäische Kommission zuständig. Durchsuchungen durch die Kommission werden als „Nachprüfungen“ bezeichnet (→ Nachprüfungen durch die Europäische Kommission).

Durchsuchungen durch die deutschen Kartellbehörden

Was können Sie tun? Was dürfen Sie tun? Was sollten Sie vermeiden?

Prüfen Sie den Durchsuchungsbeschluss

Die Bediensteten der Kartellbehörde werden Ihnen einen Durchsuchungsbeschluss aushändigen. Lesen Sie diesen Beschluss aufmerksam durch. Er berechtigt die Bediensteten zum Betreten des Unternehmens und zur Durchsicht von Unterlagen.

Die Durchsuchung muss normalerweise von einem Richter angeordnet werden (für das Bundeskartellamt: Amtsgericht Bonn). Bei „Gefahr im Verzug“ dürfen die Bediensteten auch ohne einen richterlichen Beschluss durchsuchen.

Aus dem Beschluss sollten sich folgende Informationen ergeben:

  • Gegen wen richtet sich das Verfahren (Verdächtigtes Unternehmen)?
  • Aus welchem Grund wird ermittelt (Vorwurf)?
  • Welche Räumlichkeiten dürfen durchsucht werden (Firmierung, Adresse)?
  • Wonach dürfen die Bediensteten suchen (Beweismittel)?

Diese Angaben sind wichtig, weil sie die Ermittlungsbefugnisse der Bediensteten begrenzen. Firmen und Räumlichkeiten, die im Beschluss nicht genannt werden, dürfen nicht von der Kartellbehörde durchsucht werden. Allerdings können die Bediensteten bei „Gefahr im Verzug“ die Durchsuchung möglicherweise auf weitere Räumlichkeiten erstrecken.

Sofern der Beschluss keine Angaben enthält, bitten Sie die Bediensteten um entsprechende Auskunft.

Prüfen Sie die Identität der Bediensteten

Halten Sie die Namen der Bediensteten anhand von deren Visitenkarten oder ggf. Dienstausweisen fest und notieren Sie deren Funktion.

Benachrichtigen Sie sofort einen Rechtsbeistand

Stellen Sie sicher, dass die Geschäftsleitung sofort nach dem Eintreffen der Bediensteten benachrichtigt wird.

Kontaktieren Sie außerdem sofort folgende Personen:

  • Sofern vorhanden: Rechtsabteilung und / oder Compliance Officer,
  • Kontaktieren Sie das Noerr Dawn Raid Team. Wir sind mit dem Vorgehen der Kartellbehörden vertraut und stehen Ihnen mit unserer Erfahrung zur Seite. Die Bediensteten müssen jedoch nicht auf das Eintreffen externer Anwältinnen und Anwälte warten. Ein schneller Anruf ist daher besonders wichtig.

Übermitteln Sie eine Kopie des Durchsuchungsbeschlusses und aller weiteren Unterlagen, die Sie von der Kartellbehörde erhalten haben, an die genannten Personen.

Bitten Sie die Bediensteten, auf Ihren Rechtsbeistand zu warten

Bitten Sie die Bediensteten, mit dem Beginn der Durchsuchung zu warten, bis Ihr Rechtsbeistand (Rechtsabteilung, Compliance Officer oder Noerr Dawn Raid Team) eingetroffen ist.

Häufig sind die Bediensteten bereit, eine gewisse Zeit zu warten, wenn sichergestellt ist, dass in dieser Zeit keine Unterlagen beiseitegeschafft oder sonst Beweise vernichtet werden. Beachten Sie aber, dass die Bediensteten nicht verpflichtet sind, Ihrer Bitte nachzukommen.

Erkundigen Sie sich in der Wartezeit bei den Bediensteten, wie diese bei der Durchsuchung vorgehen wollen. Notieren Sie die Antworten.

Benennen Sie eine Person als zentrale Ansprechpartnerin / zentralen Ansprechpartner

Benennen Sie gegenüber der Kartellbehörde eine Person, die alle Maßnahmen Ihres Unternehmens koordiniert. An diese Person sollen sich die Bediensteten der Kartellbehörde ebenso wie alle Unternehmensangehörigen bei Fragen zum Ablauf der Durchsuchung wenden. Außerdem soll nur diese Person angesprochen werden, wenn die Bediensteten der Kartellbehörde Fragen zum Inhalt von Unterlagen oder sonstige Fragen zum untersuchten Sachverhalt haben.

Zusammenstellung eines Teams, das die Bediensteten begleitet („Shadowing“)

Sie dürfen und sollten die Bediensteten der Kartellbehörde bei ihrer Tätigkeit begleiten. Jede/r Bedienstete sollte nach Möglichkeit von wenigstens einer oder einem Angehörigen Ihres Unternehmens begleitet werden (sogenanntes „Shadowing“). Dies erlaubt eine nachträgliche Kontrolle der Durchsuchung und lässt wertvolle Rückschlüsse auf den Kenntnisstand der Bediensteten zu. Außerdem können sich die Bediensteten mit Hilfe ihrer Begleitung leichter im Unternehmen zurechtfinden, was einen zügigeren Ablauf ermöglicht.

Dem Team sollten möglichst Personen aus „marktfernen“ Bereichen angehören, bei denen das Risiko einer persönlichen Verwicklung in eine Kartellabsprache gering ist (z.B. Rechtsabteilung, Buchhaltung).

Weisen Sie die Teammitglieder bitte in die Aufgaben ein, wie sie unter → 3. Begleitung der Bediensteten dargestellt werden.

Anweisungen an die IT-Abteilung

Die Suche nach elektronischen Dokumenten bildet praktisch immer den Schwerpunkt einer Durchsuchung. Sie sind aufgrund des Durchsuchungsbeschlusses verpflichtet, der Kartellbehörde Zugriff auf die IT-Daten Ihres Unternehmens zu gewähren.

Weisen Sie die Mitglieder Ihrer IT-Abteilung bitte in die Aufgaben ein, wie sie unter → 6. Durchsuchung von elektronischen Daten dargestellt werden.

Besorgen Sie einen Raum für die Bediensteten der Kartellbehörde

Bieten Sie den Bediensteten einen Raum an, der von ihnen während der Durchsuchung genutzt werden kann, z.B. für Besprechungen und zur Sammlung von Unterlagen. Der Raum sollte so gelegen sein, dass sich die Bediensteten dort möglichst unbemerkt vom laufenden Geschäftsbetrieb aufhalten können.

Informieren Sie die Unternehmensangehörigen

Informieren Sie alle Angehörigen Ihres Unternehmens in den Bereichen, in denen sich die Bediensteten der Kartellbehörde aufhalten, dass eine behördliche Untersuchung stattfindet. Versenden Sie hierzu eine E-Mail oder bitten Sie die zuständigen Vorgesetzten, ihre Mitarbeitenden entsprechend zu informieren.

Unternehmensangehörige, deren Anwesenheit während der Durchsuchung nicht erforderlich ist, können das Unternehmen verlassen.

Weisen Sie außerdem auf folgende Punkte hin:

  • Die Bediensteten dürfen bei ihrer Arbeit auf keinen Fall gestört werden. Widerstand gegen die Anordnungen der Bediensteten und jede Behinderung ihrer Tätigkeit kann empfindliche Sanktionen nach sich ziehen (z.B. Geldbußen, Geldstrafen, Haft).
  • Unternehmensangehörige dürfen unter keinen Umständen Dokumente vernichten, verstecken oder E-Mails löschen.
  • Bei allen Fragen zur Untersuchung sollen sich die Unternehmensangehörigen an ihre jeweiligen Vorgesetzten oder die zentrale Ansprechpartnerin / den zentralen Ansprechpartner wenden. Dies gilt auch, wenn Unternehmensangehörige von den Bediensteten der Kartellbehörde angesprochen werden.
  • Über die Tatsache der Untersuchung muss Stillschweigen bewahrt werden. Insbesondere dürfen keine Außenstehenden informiert werden (z.B. Kundinnen / Kunden, Wettbewerberinnen / Wettbewerber, Presse, Familie oder sonstige Dritte).

Notwendigkeit eines „Shadowing“

Die Bediensteten der Kartellbehörde sind berechtigt, alle Räume und Gegenstände, so wie im Durchsuchungsbeschluss bezeichnet, selbst zu durchsuchen. Die Bediensteten dürfen und sollten während der gesamten Zeit der Durchsuchung von Angehörigen des Unternehmens beaufsichtigt werden (sog. „Shadowing“). Zu diesem Zweck ist ein Team bilden (→ 2. Weitere Maßnahmen zu Beginn der Durchsuchung).

Aufgaben der Teammitglieder

Die Mitglieder des Teams haben folgende Aufgaben:

  • Jede/r Bedienstete der Kartellbehörde soll während der gesamten Dauer der Durchsuchung von wenigstens einem Teammitglied beaufsichtigt werden.
  • Die Teammitglieder sollen alle Maßnahmen der Bediensteten protokollieren. Hierzu gehört: Welche Räume werden betreten? Welche Unterlagen werden geprüft und mitgenommen? Welche Fragen werden gestellt? Welche Antworten werden gegeben?
  • Die Teammitglieder führen die Bediensteten zu den Räumen und legen ihnen die Unterlagen vor, nach denen die Bediensteten verlangen.
  • Bei Fragen zum Inhalt der Unterlagen oder bei sonstigen Fragen zum untersuchten Sachverhalt verweisen die Teammitglieder an die zentrale Ansprechpartnerin / den zentralen Ansprechpartner Ihres Unternehmens.
  • Die Teammitglieder stellen sicher, dass die Bediensteten ihrer Tätigkeit ungestört nachgehen können. Keinesfalls dürfen die Bediensteten behindert, Unterlagen beiseitegeschafft, Daten gelöscht oder Dritte gewarnt werden. Jede Behinderung der Tätigkeit der Kartellbehörde kann empfindliche Sanktionen für das Unternehmen und die handelnden Personen nach sich ziehen (z.B. Geldbußen, Geldstrafen, Haft).

Das Unternehmen muss den Bediensteten der Kartellbehörde Zugang zu allen Räumen, Grundstücken und Transportmitteln gewähren und alle Unterlagen vorlegen, nach denen die Bediensteten fragen. Das bedeutet auch, dass den Bediensteten auf Verlangen z.B. ein Schrank aufgesperrt oder das Passwort zu einem elektronischen Konto gegeben werden muss, damit die Bediensteten deren Inhalte prüfen können.

Es ist außerdem von Vorteil, wenn Sie den Bediensteten Hinweise geben, wo sich die Unterlagen befinden, die vom Durchsuchungsbeschluss erfasst sind. Dadurch kann das Risiko einer umfassenden Beschlagnahme und von „Zufallsfunden“ verringert werden.

Räume, Fahrzeuge und Unterlagen des Unternehmens

Folgende Räumlichkeiten, Gegenstände und Personen dürfen durch die Bediensteten grundsätzlich durchsucht werden:

  • alle im Durchsuchungsbeschluss angegebenen Räume (Firmierung, Adresse),
  • Schreibtische, Schränke, Aktenarchive,
  • Geschäftsunterlagen wie z.B. Akten, Schriftverkehr, Vermerke, Terminkalender, Buchhaltungsunterlagen, Reisekostenabrechnungen,
  • Elektronische Unterlagen wie z.B. E-Mails, Präsentationen, Excel-Dateien, Word-Dokumente,
  • Geschäftsfahrzeuge (auch wenn teilweise privat genutzt),
  • Aktentaschen, Laptops, Kalender, Adressbücher, Mobiltelefone,
  • Daten auf den Servern des Unternehmens,
  • private Geräte im Unternehmen, die auch beruflich genutzt werden („bring your own device“).

Private Wohnung und Grundstücke

Nur wenn dies im Durchsuchungsbeschluss ausdrücklich festgehalten ist, dürfen die Bediensteten auch die privaten Wohnungen und Grundstücke oder sonstige private Gegenstände, die sich außerhalb des Unternehmensgeländes befinden, durchsuchen.

Gegenstände außerhalb des Durchsuchungsbeschlusses

Die Kartellbehörde darf nur nach Beweismitteln suchen, die unter den Durchsuchungsbeschluss fallen. Wenn die Kartellbehörde allerdings bei der Durchsuchung zufällig auf ein Dokument stößt, das auf einen anderen Kartellverstoß hindeutet („Zufallsfund“), darf sie dieses Dokument sicherstellen.

Die Kartellbehörde darf auch keine Räume und Sachen durchsuchen, die nicht vom Durchsuchungsbeschluss erfasst werden (z.B. Fahrzeuge, die außerhalb des Unternehmensgeländes geparkt sind). Die Kartellbehörde kann allerdings bei „Gefahr im Verzug“ die Durchsuchung auch solcher Räume und Sachen anordnen.

Schriftverkehr mit externen Anwältinnen und Anwälten (Verteidigungsunterlagen)

Das deutsche Recht schützt die Vertraulichkeit der Kommunikation zwischen einer beschuldigten Person und ihrer Anwältin / ihrem Anwalt. Die Kartellbehörden dürfen deshalb nicht auf bestimmte „Verteidigungsunterlagen“ zugreifen. Dieser Schutz besteht allerdings nur unter engen Voraussetzungen:

  • Es muss sich um Schriftverkehr mit einer zugelassenen externen Anwältin / einem zugelassenen externen Anwalt handeln.
  • Die Anwältin / der Anwalt berät das durchsuchte Unternehmen.
  • Die Unterlagen sind nach Einleitung eines Ermittlungsverfahrens oder in Zusammenhang damit zum Zwecke der Verteidigung des Unternehmens erstellt worden.

Schriftverkehr mit der eigenen Rechtsabteilung dürfen die Bediensteten also ebenso durchsehen und mitnehmen wie Schriftverkehr mit fremden Anwältinnen und Anwälten (z.B. Anwältinnen und Anwälte anderer Konzerngesellschaften) und die gesamte Anwaltskorrespondenz, die nicht die Verteidigung in einem Ermittlungsverfahren zum Gegenstand hat.

Fragen Sie in Zweifelsfällen Ihre Rechtsabteilung oder Ihren Rechtsbeistand, ob ein Dokument geschützt ist.

Beachten Sie, dass die Bediensteten berechtigt sind, die Unterlagen „kursorisch zu prüfen“, um festzustellen, ob sie tatsächlich geschützt sind. Wenn die Bediensteten auf die Herausgabe der Unterlagen bestehen, bitten Sie darum, dass die Unterlagen separiert und in einem Umschlag bis zu einer gerichtlichen Entscheidung versiegelt werden.

Datensuche als Schwerpunkt der Durchsuchung

Die Suche nach elektronischen Dokumenten ist von enormer praktischer Bedeutung und bildet nahezu immer den Schwerpunkt einer Durchsuchung. Die Bediensteten werden Zugang zu allen Datenträgern verlangen, die sich den Beschuldigten, Betroffenen oder Zeugen zuordnen lassen. Dies sind z.B. deren Computerfestplatten, Mobiltelefone, E-Mail-Konten und Netzwerkordner. Soweit vorhanden, werden auch Sicherungskopien (Backups) miteinbezogen.

Umfassender Zugriff der Kartellbehörde auf alle IT-Daten

Sie müssen den Bediensteten der Kartellbehörde den Zugriff auf die Daten Ihres Unternehmens ermöglichen. Hierzu gehört, dass Sie den Bediensteten den Aufbau und die Struktur des IT-Systems erklären, die benötigten Passwörter nennen, Zugriff auf Nutzerkonten ermöglichen usw. Beachten Sie, dass die Kartellbehörde, wenn sie keinen Zugriff auf die Daten erhält, die betreffenden Geräte und Datenträger (Computer, Server) auch beschlagnahmen kann. Nicht zuletzt, um eine solche Beschlagnahme zu vermeiden, empfiehlt sich die Kooperation mit der Kartellbehörde.

In der Praxis geht die Kartellbehörde so vor, dass sie Kopien von allen Daten macht, die sich den „Zielpersonen“ zuordnen lassen. Die kopierten Daten werden vorläufig sichergestellt und zur Durchsicht in die Amtsräume der Kartellbehörde gebracht. Dort werden sie später mithilfe einer forensischen Analysesoftware nach Suchbegriffen durchsucht („e-Search“). Die auf diese Weise herausgefilterten Dokumente werden einzeln durchgesehen.

Eine zeitliche Grenze, bis wann die Daten zu sichten sind, ist im Gesetz nicht vorgesehen. In der Praxis dauert es regelmäßig viele Monate, bis die Kartellbehörde die Durchsicht der IT-Asservate abgeschlossen hat.

Es kann vorkommen, dass die Bediensteten Unterlagen in einem Umfang anfordern, der eine Prüfung an einem einzigen Tag unmöglich macht. In einem solchen Fall werden die Unterlagen regelmäßig in einem separaten Raum auf dem Unternehmensgelände gesichert und die Untersuchung am folgenden Tag fortgesetzt. Der Aufbewahrungsraum wird sodann versiegelt.

Achten Sie darauf, dass nach der Versiegelung niemand versucht, Zutritt zu den Räumen zu erlangen, da jeder Bruch der Versiegelung mit einem Bußgeld geahndet werden kann. Stellen Sie durch deutliche Warnhinweise und ggf. durch Abstellung einer/s Mitarbeitenden sicher, dass niemand in den Raum zu gelangen versucht und die Versiegelung verletzt (z.B. durch Reinigungskräfte). Das bloße Abschließen der Tür ist nicht ausreichend.

Fertigen Sie Fotos von der Versiegelung und der Öffnung der Versiegelung durch die Bediensteten an, um später nachweisen zu können, dass die Versiegelung nicht beschädigt oder verändert worden ist.

Sicherstellung durch die Kartellbehörde

Die Bediensteten der Kartellbehörde sind berechtigt, alle Gegenstände, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können, sicherzustellen, d.h. zur Verwahrung in die Behörde mitzunehmen. Auch elektronische Datenträger (z.B. Festplatten, USB-Sticks, CD-ROM, Mobiltelefone) können die Bediensteten mitnehmen, insbesondere, wenn es ihnen nicht gelingt, eine Kopie der darauf befindlichen Daten zu erstellen. Den Bediensteten sollte auch deshalb Zugang zu den Daten gewährt werden, um eine Sicherstellung abzuwenden.

Anfertigung von Kopien für das Unternehmen, sofern möglich

Da die Auswertung der sichergestellten Unterlagen und Datenträger viele Monate in Anspruch nehmen kann, sollten Sie versuchen, von den wichtigsten für das Tagesgeschäft relevanten Unterlagen Kopien zu erstellen. Beachten Sie aber, dass die Bediensteten nicht verpflichtet sind, Ihnen das Kopieren von Unterlagen zu gestatten. Bei einer kooperativen Durchführung der Durchsuchung werden sie dies aber häufig für einzelne Unterlagen erlauben, solange sich der Ablauf der Durchsuchung dadurch nicht verzögert.

Wichtig: Erklären Sie sich nicht mit der Sicherstellung einverstanden

Auch wenn die Kartellbehörde berechtigt ist, Beweismittel mitzunehmen, bedeutet dies nicht, dass Sie mit der Sicherstellung einverstanden sein müssen. Lassen Sie die Beweismittel förmlich beschlagnahmen, damit Ihr Unternehmen keine Rechtschutzmöglichkeiten verliert. Das am Ende der Durchsuchung ausgefüllte Durchsuchungsprotokoll sieht hierfür ein Feld zum Ankreuzen vor.

Fragen zur Person

Fragen zur Person müssen Sie beantworten. Dies umfasst Vorname, Familien- und Geburtsname, Geburtsort und Geburtsdatum, Familienstand, Wohnort/Wohnung und Staatsangehörigkeit. Eine Zuwiderhandlung kann mit einem Bußgeld geahndet werden.

Informationen zu Beweismitteln und zum untersuchten Sachverhalt

Die Bediensteten der Kartellbehörde sind befugt, von Unternehmensangehörigen folgende Informationen zu verlangen und die Antworten zu protokollieren. Dies muss unter ausdrücklichem Hinweis auf die gesetzliche Pflicht zur Mitwirkung erfolgen:

  • Informationen, die Zugang zu Beweismitteln ermöglichen könnten,
  • Erläuterungen zu Fakten oder Unterlagen, die mit dem Gegenstand und dem Zweck der Durchsuchung in Verbindung stehen könnten.

Die Antworten müssen richtig und vollständig sein. Andernfalls kann gegen die befragte Person eine Geldbuße verhängen.

Grenzen der Auskunftspflicht

Bei einer Durchsuchung im Rahmen eines Bußgeldverfahrens sind die Angehörigen des Unternehmens zwar grundsätzlich verpflichtet, den Bediensteten der Kartellbehörde die oben genannten Auskünfte zu geben. Es dürfen aber Auskünfte über Informationen verweigert werden, die die befragte Person selbst oder deren Angehörige in die Gefahr einer Verfolgung wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit bringen würden. Dies gilt allerdings nicht, wenn ausschließlich die Gefahr einer Verfolgung in einem kartellbehördlichen Bußgeldverfahren besteht und die Kartellbehörde der befragten Person zusagt, sie nicht wegen der betreffenden Ordnungswidrigkeit zu verfolgen. Lassen Sie sich eine derartige „Nichtverfolgungszusage“ schriftlich bestätigen.

(Bei Durchsuchungen im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens müssen Unternehmensangehörige unter Umständen auch Informationen offenbaren, die geeignet sind, eine Verfolgung wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit herbeizuführen. Diese Informationen dürfen jedoch in einem Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren nicht gegen den Willen der befragten Person gegen diese oder einen ihrer Angehörigen verwendet werden.)

Holen Sie sich einen Rechtsbeistand dazu!

In der Ausnahmesituation einer Durchsuchung kommt es schnell zu unreflektierten Erklärungsversuchen. Versuchen Sie deshalb, Äußerungen zur Sache nach Möglichkeit zu vermeiden:

  • Fragen zum Ablauf der Durchsuchung wie z.B. zum Standort gesuchter Unterlagen oder zur Struktur des Unternehmens (z.B.: Namenskürzel, unternehmensinterne Abkürzungen, Position einer Person im Unternehmen) können Sie kurz, sachlich und präzise beantworten. Stellen Sie keine Mutmaßungen an, wenn Sie sich unsicher sind. Antworten Sie im Zweifel mit „Ich weiß es nicht“.
  • Bieten Sie den Bediensteten an, andere Fragen schriftlich zu beantworten. Notieren Sie hierzu die konkreten Fragen. Konsultieren Sie vor einer Antwort Ihren Rechtsbeistand.
  • Wenn die Bediensteten auf der formellen Befragung einer Person bestehen, holen Sie unbedingt einen anwaltlichen Beistand dazu. Denn die Abgrenzung zwischen zulässigen Fragen und solchen, die Sie nicht beantworten müssen, ist im Einzelfall sehr schwierig.
  • Wenn eine formelle Befragung durchgeführt wird, müssen die Bediensteten der Kartellbehörde die Befragung protokollieren. Dieses Protokoll sollte von Ihnen im Anschluss kontrolliert werden.

Durchsuchungsprotokoll und Sicherstellungsverzeichnis

Im Rahmen einer Abschlussbesprechung werden die Bediensteten der Kartellbehörde Ihnen ein Durchsuchungsprotokoll und ein Sicherstellungsverzeichnis und, sofern vorhanden, die Protokolle der Befragungen (→ 9. Befragungen durch die Kartellbehörde) übergeben.

Gleichen Sie die von der Kartellbehörde erhaltenen Aufstellungen mit Ihren eigenen Protokollen ab. Weisen Sie die Bediensteten auf etwaige Unstimmigkeiten hin und bitten Sie um Korrektur.

Bestehen Sie auf förmliche Beschlagnahme

Sofern noch nicht geschehen: Erklären Sie ausdrücklich, dass eine förmliche Beschlagnahme der sichergestellten Unterlagen und Gegenstände erfolgt und dass Sie nicht mit einer freiwilligen Herausgabe einverstanden sind. Stellen Sie sicher, dass dies im Durchsuchungsprotokoll festgehalten wird (→ 8. Sicherstellung und Beschlagnahme von Beweismitteln). Nach Abschluss der Durchsuchung können Sie mit Ihrem Rechtsbeistand klären, ob gegen die Beschlagnahme Widerspruch eingelegt werden soll.

Erstellen eines internen Berichts

Die Unternehmensangehörigen, die die Durchsuchung begleitet haben (→ 3. Begleitung der Bediensteten), sollten deren Ablauf in einem internen Bericht dokumentieren, sobald die Bediensteten der Kartellbehörde abgereist sind.

Organisation der Verteidigung und Presseerklärung

Im Anschluss an die Durchsuchung sollten Sie prüfen, ob eine gerichtliche Überprüfung sinnvoll ist und wie Sie die weitere Verteidigung Ihres Unternehmens organisieren.

Bereiten Sie eine Erklärung für den Fall von Presseanfragen vor. Bereiten Sie außerdem Antworten für den Fall von Nachfragen Ihrer Kundinnen / Kunden, Geschäftspartnerinnen / Geschäftspartner und der Unternehmensangehörigen vor. Stimmen Sie den Wortlaut aller Erklärungen mit Ihrem Rechtsbeistand ab.

 

 

Nachprüfungen durch die Europäische Kommission

Was können Sie tun? Was dürfen Sie tun? Was sollten Sie vermeiden?

Prüfen Sie den Beschluss der Kommission

Die Bediensteten der Kommission werden Ihnen einen Beschluss zur „Anordnung einer Nachprüfung“ aushändigen. Lesen Sie diesen Beschluss aufmerksam durch. Er berechtigt die Bediensteten zum Betreten des Unternehmens und zur Durchsicht von Unterlagen.

Der Beschluss ist ein offizielles Dokument der Europäischen Kommission, versehen mit der Flagge der Europäischen Union und unterzeichnet von einer Vertreterin / einem Vertreter der Kommission. Anders als bei den deutschen Kartellbehörden (Bundeskartellamt, Landeskartellbehörden) muss die Nachprüfung nicht durch ein Gericht angeordnet werden.

Aus dem Beschluss sollten sich folgende Informationen ergeben:

  • Gegen wen richtet sich das Verfahren (Verdächtigtes Unternehmen)?
  • Aus welchem Grund wird ermittelt (Vorwurf)?
  • Welche Räumlichkeiten dürfen durchsucht werden (Adresse)?
  • Wonach dürfen die Bediensteten suchen (Beweismittel)?

Diese Angaben sind wichtig, weil sie die Ermittlungsbefugnisse der Bediensteten begrenzen. Räumlichkeiten, die im Beschluss nicht genannt werden, dürfen nicht von der Kommission durchsucht werden. Sofern der Beschluss keine Angaben enthält, bitten Sie die Bediensteten um entsprechende Auskunft.

Prüfen Sie die Identität der Bediensteten

Prüfen Sie die Identität der Bediensteten anhand der Dienstausweise und notieren Sie deren Namen und Funktion. Dem Nachprüfungsbeschluss der Kommission ist ein „Nachprüfungsauftrag“ beigefügt, der die Namen der Bediensteten aufführt, welche die Durchsuchung durchführen dürfen.

Benachrichtigen Sie sofort einen Rechtsbeistand

Stellen Sie sicher, dass die Geschäftsleitung sofort nach dem Eintreffen der Bediensteten der Kommission benachrichtigt wird.

Kontaktieren Sie außerdem sofort folgende Personen:

  • Sofern vorhanden: Rechtsabteilung und / oder Compliance Officer,
  • Kontaktieren Sie das Noerr Dawn Raid Team. Wir sind mit dem Vorgehen der Kartellbehörden vertraut und stehen Ihnen mit unserer Erfahrung zur Seite. Die Bediensteten müssen jedoch nicht auf das Eintreffen externer Anwältinnen und Anwälte warten. Ein schneller Anruf ist daher besonders wichtig.

Übermitteln Sie eine Kopie des Nachprüfungsbeschlusses und aller weiteren Unterlagen, die Sie von der Kommission erhalten haben, an die genannten Personen.

Bitten Sie die Bediensteten, auf Ihren Rechtsbeistand zu warten

Bitten Sie die Bediensteten, mit dem Beginn der Nachprüfung zu warten, bis Ihr Rechtsbeistand (Rechtsabteilung, Compliance Officer oder Noerr Dawn Raid Team) eingetroffen ist.

Häufig sind die Bediensteten bereit, eine gewisse Zeit zu warten, wenn sichergestellt ist, dass in dieser Zeit keine Unterlagen beiseitegeschafft oder sonst Beweise vernichtet werden. Beachten Sie aber, dass die Bediensteten nicht verpflichtet sind, Ihrer Bitte nachzukommen.

Erkundigen Sie sich in der Wartezeit bei den Bediensteten, wie diese bei der Nachprüfung vorgehen wollen. Notieren Sie die Antworten.

Benennen Sie eine Person als zentrale Ansprechpartnerin / zentralen Ansprechpartner

Benennen Sie gegenüber der Kommission eine Person, die alle Maßnahmen Ihres Unternehmens koordiniert. An diese Person sollen sich die Bediensteten der Kommission ebenso wie alle Unternehmensangehörigen bei Fragen zum Ablauf der Nachprüfung wenden. Außerdem soll nur diese Person angesprochen werden, wenn die Bediensteten der Kommission Fragen zum Inhalt von Unterlagen oder sonstige Fragen zum untersuchten Sachverhalt haben.

Zusammenstellung eines Teams, das die Bediensteten begleitet („Shadowing“)

Sie dürfen und sollten die Bediensteten der Kommission bei ihrer Tätigkeit begleiten. Jede/r Bedienstete sollte nach Möglichkeit von wenigstens einer oder einem Angehörigen Ihres Unternehmens begleitet werden (sogenanntes „Shadowing“). Dies erlaubt eine nachträgliche Kontrolle der Nachprüfung und lässt wertvolle Rückschlüsse auf den Kenntnisstand der Bediensteten zu. Außerdem können sich die Bediensteten mit Hilfe ihrer Begleitung leichter im Unternehmen zurechtfinden, was einen zügigeren Ablauf ermöglicht.

Dem Team sollten möglichst Personen aus „marktfernen“ Bereichen angehören, bei denen das Risiko einer persönlichen Verwicklung in eine Kartellabsprache gering ist (z.B. Rechtsabteilung, Buchhaltung).

Weisen Sie die Teammitglieder bitte in die Aufgaben ein, wie sie unter → 3. Begleitung der Bediensteten dargestellt werden.

Anweisungen an die IT-Abteilung

Die Suche nach elektronischen Dokumenten bildet praktisch immer den Schwerpunkt einer Nachprüfung. Sie sind aufgrund des Nachprüfungsbeschlusses verpflichtet, der Kommission Zugriff auf die IT-Daten Ihres Unternehmens zu gewähren.

Weisen Sie die Mitglieder Ihrer IT-Abteilung bitte in die Aufgaben ein, wie sie unter → 6. Durchsuchung von elektronischen Daten dargestellt werden.

Besorgen Sie einen Raum für die Bediensteten der Kommission

Bieten Sie den Bediensteten einen Raum an, der von ihnen während der Nachprüfung genutzt werden kann, z.B. für Besprechungen und zur Sammlung und Durchsicht von Unterlagen. Der Raum sollte so gelegen sein, dass sie sich dort möglichst unbemerkt vom laufenden Geschäftsbetrieb aufhalten können.

Informieren Sie die Unternehmensangehörigen

Informieren Sie alle Angehörigen Ihres Unternehmens in den Bereichen, in denen sich die Bediensteten der Kommission aufhalten, dass eine behördliche Untersuchung stattfindet. Versenden Sie hierzu eine E-Mail oder bitten Sie die zuständigen Vorgesetzten, ihre Mitarbeitenden entsprechend zu informieren.

Unternehmensangehörige, deren Anwesenheit während der Nachprüfung nicht erforderlich ist, können das Unternehmen verlassen.

Weisen Sie außerdem auf folgende Punkte hin:

  • Die Bediensteten der Kommission dürfen bei ihrer Arbeit auf keinen Fall gestört werden. Widerstand gegen die Anordnungen der Bediensteten und jede Behinderung ihrer Tätigkeit kann empfindliche Sanktionen nach sich ziehen (z.B. Geldbußen, Geldstrafen, Haft).
  • Unternehmensangehörige dürfen unter keinen Umständen Dokumente vernichten, verstecken oder E-Mails löschen.
  • Bei allen Fragen zur Untersuchung sollen sich die Unternehmensangehörigen an ihre jeweiligen Vorgesetzten oder die zentrale Ansprechpartnerin / den zentralen Ansprechpartner wenden. Dies gilt auch, wenn die Unternehmensangehörigen von den Bediensteten der Kommission angesprochen werden.
  • Über die Tatsache der Untersuchung muss Stillschweigen bewahrt werden. Insbesondere dürfen keine Außenstehenden informiert werden (z.B. Kunden, Wettbewerber, Presse, Familie oder sonstige Dritte).

Notwendigkeit eines „Shadowing“

Die Bediensteten der Kommission dürfen und sollten während der gesamten Zeit der Nachprüfung von Angehörigen des Unternehmens beaufsichtigt werden (sog. „Shadowing“). Zu diesem Zweck ist ein Team zu bilden (→ 2. Weitere Maßnahmen zu Beginn der Nachprüfung).

Aufgaben der Teammitglieder

Die Mitglieder des Teams haben folgende Aufgaben:

  • Jede/r Bedienstete der Kommission soll während der gesamten Dauer der Nachprüfung von wenigstens einem Teammitglied beaufsichtigt werden.
  • Die Teammitglieder sollen alle Maßnahmen der Bediensteten protokollieren. Hierzu gehört: Welche Räume werden betreten? Welche Unterlagen werden geprüft? Welche Fragen werden gestellt? Welche Antworten werden gegeben?
  • Die Teammitglieder führen die Bediensteten zu den Räumen und legen ihnen die Unterlagen vor, nach denen die Bediensteten verlangen.
  • Bei Fragen zum Inhalt der Unterlagen oder bei sonstigen Fragen zum untersuchten Sachverhalt verweisen die Teammitglieder an die zentrale Ansprechpartnerin / den zentralen Ansprechpartner Ihres Unternehmens.
  • Die Teammitglieder stellen sicher, dass die Bediensteten ihrer Tätigkeit ungestört nachgehen können. Keinesfalls dürfen die Bediensteten behindert, Unterlagen beiseitegeschafft, Daten gelöscht oder Dritte gewarnt werden. Jede Behinderung der Tätigkeit der Kommission kann empfindliche Sanktionen für das Unternehmen und die handelnden Personen nach sich ziehen (z.B. Geldbußen, Geldstrafen, Haft).

Besonders wichtig: Protokollieren der Suchbegriffe

Die Bediensteten der Kommission durchsuchen die elektronischen Dokumente des Unternehmens regelmäßig vor Ort mit Hilfe einer forensischen Software → 6. Durchsuchung von elektronischen Daten. Auch bei dieser Tätigkeit können und sollen die Bediensteten beaufsichtigt werden. Es sind alle Suchbegriffe zu notieren, die die Bediensteten bei ihrer Suche verwenden. Typische Suchbegriffe sind Namen von Wettbewerberinnen / Wettbewerbern und Kundinnen / Kunden. Daneben suchen die Bediensteten regelmäßig nach Schlagwörtern wie „Kartell“, „Freunde“ oder „Preiskrieg“ und nach den Daten möglicher Treffen von Wettbewerberinnen / Wettbewerbern. Diese Suchbegriffe, die ein Unternehmen auf andere Weise nicht erhalten kann, erlauben wertvolle Rückschlüsse auf den Kenntnisstand der Bediensteten.

Das Unternehmen muss den Bediensteten der Kommission Zugang zu allen Räumen, Grundstücken und Transportmitteln gewähren und alle Unterlagen vorlegen, nach denen die Bediensteten fragen. Das bedeutet auch, dass den Bediensteten auf Verlangen z.B. ein Schrank aufgesperrt oder das Passwort zu einem elektronischen Konto gegeben werden muss, damit die Bediensteten deren Inhalte prüfen können.

Räume, Fahrzeuge und Unterlagen des Unternehmens

Folgende Räumlichkeiten, Gegenstände und Personen dürfen durch die Bediensteten grundsätzlich durchsucht werden:

  • Alle im Nachprüfungsbeschluss angegebenen Räume des Unternehmens,
  • Schreibtische, Schränke, Aktenarchive,
  • Geschäftsunterlagen wie z.B. Akten, Schriftverkehr, Vermerke, Terminkalender, Buchhaltungsunterlagen, Reisekostenabrechnungen,
  • Elektronische Unterlagen wie z.B. E-Mails, Präsentationen, Excel-Dateien, Word-Dokumente,
  • Geschäftsfahrzeuge (auch wenn teilweise privat genutzt),
  • Aktentaschen, Laptops, Kalender, Adressbücher, Mobiltelefone,
  • Daten auf den Servern des Unternehmens,
  • Private Geräte im Unternehmen, die auch beruflich genutzt werden („bring your own device“).

Private Räume, Fahrzeuge und Unterlagen

Wenn dies im Nachprüfungsbeschluss ausdrücklich festgehalten ist, dürfen die Bediensteten auch die privaten Gegenstände durchsuchen, z.B.:

  • private Wohnungen und Grundstücke,
  • private Fahrzeuge,
  • private Geräte und Unterlagen außerhalb des Unternehmens.

Rein private Geräte und Unterlagen

Rein private Geräte und Unterlagen dürfen von den Bediensteten nicht durchsucht werden – es sei denn, aus dem Nachprüfungsbeschluss ergibt sich ausnahmsweise etwas anderes.

Wenn sich die Geräte oder Unterlagen im Unternehmen befinden, dürfen sich die Bediensteten allerdings davon überzeugen, dass es sich tatsächlich um private Gegenstände handelt. Denn bei Gegenständen in den Geschäftsräumen eines Unternehmens darf grundsätzlich vermutet werden, dass sie nicht privat sind.

Gegenstände außerhalb des Nachprüfungsbeschlusses

Die Kommission darf nur nach Dokumenten suchen, die unter den Nachprüfungsbeschluss fallen. Wenn die Kommission allerdings bei der Nachprüfung zufällig auf ein Dokument stößt, das auf einen anderen Kartellverstoß hindeutet, kann sie dies zum Anlass nehmen, ein neues, weiteres Verfahren einzuleiten und eine Kopie des betreffenden Dokuments anzufordern.

Die Kommission darf auch keine Unterlagen durchsuchen, die nicht vom Nachprüfungsbeschluss erfasst werden (z.B. Unterlagen in Fahrzeugen, die unternehmensfremden Dritten gehören).

Schriftverkehr mit externen Anwältinnen und Anwälten (Anwaltsprivileg)

Das europäische Recht schützt die Vertraulichkeit der Kommunikation zwischen Mandantin / Mandant und Anwältin / Anwalt. Die Bediensteten der Kommission dürfen deshalb nicht ohne weiteres auf den Schriftverkehr zwischen einem Unternehmen und seinen (externen) Anwältinnen und Anwälten zugreifen. Damit das sog. „Anwaltsprivileg“ greift, müssen allerdings bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Die Anwältin / der Anwalt muss in einem EU-Mitgliedstaat zugelassen sein.
  • Es muss sich um eine externe Anwältin / einen externen Anwalt handeln.
  • Die Anwältin / der Anwalt berät gerade das durchsuchte Unternehmen.
  • Die Unterlagen sind vertraulich und haben eine Beratung zur Verteidigung des Unternehmens zum Gegenstand.

Schriftverkehr mit der eigenen Rechtsabteilung dürfen die Bediensteten also ebenso durchsehen wie Schriftverkehr mit Anwältinnen und Anwälten aus Drittstaaten (z.B. den USA) oder mit fremden Anwältinnen und Anwälten (z.B. von Geschäftspartnerinnen / Geschäftspartnern). Ebenso wenig greift das Anwaltsprivileg, wenn (eigentlich geschützte) Unterlagen an einen Dritten weitergeleitet worden sind. Es kann hilfreich sein, wenn die geschützte Anwaltskorrespondenz entsprechend gekennzeichnet ist (z.B. mit der Angabe „Legally Privileged and Confidential“ oder „Vertrauliche Verteidigungskorrespondenz“).

Fragen Sie in Zweifelsfällen Ihre Rechtsabteilung oder Ihren Rechtsbeistand, ob ein Dokument geschützt ist.

Gegebenenfalls muss den Bediensteten erläutert werden, warum ein Dokument nicht der Nachprüfung unterliegt. Wenn das Unternehmen das Anwaltsprivileg geltend macht und es vor Ort zu keiner Einigung mit den Bediensteten kommt, ist es üblich, dass das Nachprüfungsteam das betreffende Dokument in einem Umschlag versiegelt. Die Kommission darf dann so lange keine Kenntnis von dem Dokument nehmen, bis sie zu einem späteren Zeitpunkt eine (gerichtlich überprüfbare) Entscheidung zur Einordnung des Dokuments getroffen hat.

Datensuche als Schwerpunkt der Nachprüfung

Die Suche nach elektronischen Dokumenten ist von enormer praktischer Bedeutung und bildet praktisch immer den Schwerpunkt einer Nachprüfung. Die Bediensteten werden Zugang zu allen Datenträgern verlangen, die sich den „Zielpersonen“ zuordnen lassen, die im Fokus der Ermittlungen stehen. Dies sind z.B. deren Computerfestplatten, Mobiltelefone, E-Mail-Konten und Netzwerkordner. Soweit vorhanden, werden auch Sicherungskopien (Backups) miteinbezogen.

Umfassender Zugriff der Kommission auf alle IT-Daten

Sie müssen den Bediensteten der Kommission den Zugriff auf die Daten Ihres Unternehmens ermöglichen. Hierzu gehört, dass Sie den Aufbau und die Struktur des IT-Systems erklären, die benötigten Passwörter nennen, Zugriff auf Nutzer/innen-Konten ermöglichen, Administrator/innen-Rechte einräumen usw. Die Kommission kann auch verlangen, dass einzelne E-Mail-Konten vorübergehend gesperrt werden, um einer Datenlöschung durch die betreffenden Personen vorzubeugen.

In der Praxis geht die Kommission so vor, dass sie Kopien von allen Daten macht, die sich den „Zielpersonen“ zuordnen lassen. Die kopierten Daten werden dann von dem Nachprüfungsteam an Ort und Stelle mithilfe einer forensischen Analysesoftware nach Suchbegriffen durchsucht („e-Search“). Die herausgefilterten Dokumente werden einzeln durchgesehen, und solche Dokumente, die als relevant eingestuft werden, werden gekennzeichnet.

Shadowing der Kommissionsbediensteten

Auch bei dieser Tätigkeit können und sollen die Bediensteten von Mitgliedern des Shadowing-Teams beaufsichtigt werden. Zu protokollieren sind alle Suchbegriffe, die das Kommissionsteam für die elektronische Suche verwendet, weil diese Begriffe dem Unternehmen nicht von der Kommission mitgeteilt werden. Die Suchbegriffe erlauben aber wertvolle Rückschlüsse auf den Kenntnisstand der Kommission (→ 3. Begleitung der Bediensteten).

Nach Abschluss der elektronischen Durchsicht erhalten die Vertreterinnen / Vertreter des Unternehmens in der Regel Gelegenheit, zu den gekennzeichneten Dokumenten Stellung zu nehmen und ggf. Einwände gegen die Mitnahme durch die Kommission vorzutragen. Zum Schluss kopiert das Nachprüfungsteam die ausgewählten Dokumente auf DVDs, von denen das Unternehmen eine Kopie erhält.

Es kann vorkommen, dass die Bediensteten Unterlagen in einem Umfang anfordern, der eine Prüfung an einem einzigen Tag unmöglich macht. In einem solchen Fall werden die Unterlagen regelmäßig in einem separaten Raum auf dem Unternehmensgelände gesichert und die Untersuchung am folgenden Tag fortgesetzt. Der Aufbewahrungsraum wird sodann versiegelt.

Achten Sie darauf, dass nach der Versiegelung niemand versucht, Zutritt zu den Räumen zu erlangen, da jeder Bruch oder bereits die kleinste Beschädigung/Veränderung der Versiegelung mit einem sehr hohen Bußgeld geahndet werden kann. Stellen Sie durch deutliche Warnhinweise und ggf. durch Abstellung eines Mitarbeitenden sicher, dass niemand in den Raum zu gelangen versucht und die Versiegelung verletzt (z.B. durch Reinigungskräfte). Das bloße Abschließen der Tür ist nicht ausreichend.

Fertigen Sie Fotos von der Versiegelung und der Öffnung der Versiegelung durch die Bediensteten an, um später nachweisen zu können, dass die Versiegelung nicht beschädigt oder verändert worden ist.

Keine Mitnahme von Originalen

Die Bediensteten der Kommission sind nicht berechtigt, Originaldokumente sicherzustellen, zu beschlagnahmen oder mitzunehmen. Dies hat für das Unternehmen den Vorteil, dass alle Originale im Unternehmen verbleiben.

Mitnahme von Kopien

Die Bediensteten dürfen jedoch von allen Unterlagen, die vom Nachprüfungsbeschluss erfasst sind, Kopien anfertigen und diese mitnehmen. Dies gilt auch für Dokumente, die Geschäftsgeheimnisse enthalten.

Elektronische Dateien kopiert die Kommission auf DVDs. Dabei erstellen die Bediensteten eine Kopie für sich selbst und eine Kopie für das Unternehmen. In der Regel erhält das Unternehmen oder sein Rechtsbeistand zuvor noch die Gelegenheit, zu etwaigen Verwertungsverboten Stellung zu nehmen.

Wenn es die Bediensteten nicht schaffen, umfangreiche elektronische Datenmengen vor Ort vollständig durchzusehen, können sie den Datenbestand auch kopieren und zur weiteren Durchsuchung mit nach Brüssel nehmen.

Pflicht zur Auskunft

Während einer Nachprüfung dürfen die Bediensteten von Vertreterinnen / Vertretern des Unternehmens Erläuterungen zu Tatsachen oder Unterlagen verlangen, die mit der Nachprüfung in Zusammenhang stehen. Die Antworten können zu Protokoll genommen werden. Sie müssen richtig und vollständig sein und dürfen nicht in die Irre führen. Andernfalls kann die Kommission gegen das Unternehmen eine Geldbuße verhängen.

Aussagen von Unternehmensangehörigen, die nicht berechtigt sind, Erklärungen im Namen des Unternehmens abzugeben, können von dem Unternehmen allerdings nachträglich (innerhalb einer von der Kommission gesetzten Frist) berichtigt werden.

Grenzen der Auskunftspflicht

Auf eine Frage der Kommission muss nicht geantwortet werden, wenn das Unternehmen mit der Antwort einen Kartellverstoß einräumen müsste. Der Schutz vor einer Selbstbezichtigung greift allerdings erst, wenn die Antwort unmittelbar selbst das Eingeständnis einer Zuwiderhandlung enthalten würde. Auskünfte „rein tatsächlicher Art“ dürfen hingegen nicht verweigert werden. Dies gilt auch dann, wenn die abgefragten Tatsachen und Unterlagen dazu verwendet werden können, eine Zuwiderhandlung Ihres Unternehmens zu beweisen.

Auf folgende Fragen muss grundsätzlich geantwortet werden:

  • Wann und wo hat das Treffen stattgefunden?
  • Welche Unterlagen wurden bei dem Treffen ausgetauscht?
  • Welche Unternehmen haben an dem Treffen teilgenommen?
  • Legen Sie alle Unterlagen vor, welche bei Ihnen vorhanden sind und sich auf das Treffen beziehen (z.B. Einladung, Protokolle, schriftliche Aufzeichnungen).

Davon abgesehen müssen Fragen auch dann nicht beantwortet werden, wenn sie sich nicht auf Gegenstand und Zweck der Nachprüfung beziehen. Die Kommission kann keine Auskünfte zu allgemeinen Fragen verlangen, die sorgfältige Überlegungen und möglicherweise umfangreiche Ermittlungen innerhalb des Unternehmens erfordern.

Holen Sie sich einen Rechtsbeistand dazu!

In der Ausnahmesituation einer Durchsuchung kommt es schnell zu unreflektierten Erklärungsversuchen. Versuchen Sie deshalb, Äußerungen zur Sache nach Möglichkeit zu vermeiden:

  • Fragen zum Ablauf der Nachprüfung wie z.B. zum Standort gesuchter Unterlagen oder zur Struktur des Unternehmens (z.B.: Namenskürzel, unternehmensinterne Abkürzungen, Position einer Person im Unternehmen) können Sie kurz, sachlich und präzise beantworten. Stellen Sie keine Mutmaßungen an, wenn Sie sich unsicher sind. Antworten Sie im Zweifel mit „Ich weiß es nicht“.
  • Bieten Sie den Bediensteten an, andere Fragen schriftlich zu beantworten. Notieren Sie hierzu die konkreten Fragen. Konsultieren Sie vor einer Antwort Ihren Rechtsbeistand.
  • Wenn die Bediensteten auf die formelle Befragung einer Person bestehen, holen Sie unbedingt einen anwaltlichen Beistand dazu. Denn die Abgrenzung zwischen zulässigen Fragen nach Tatsachen (Auskunftspflicht) und unzulässigen Fragen nach einem Geständnis (Schweigerecht) ist im Einzelfall sehr schwierig.
  • Wenn eine formelle Befragung durchgeführt wird, müssen die Bediensteten der Kommission die Befragung protokollieren. Dieses Protokoll sollte von Ihnen im Anschluss kontrolliert werden.

DVD mit kopierten Unterlagen

Im Rahmen einer Abschlussbesprechung werden die Bediensteten der Kommission Ihnen die DVDs mit den kopierten Daten (→ 6. Durchsuchung von elektronischen Daten) und, sofern vorhanden, die Protokolle der Befragungen (→ 9. Befragungen durch die Kommission) übergeben. Eine Vertreterin / ein Vertreter des Unternehmens wird dann gebeten, den Empfang schriftlich zu bestätigen.

Gleichen Sie die von der Kommission erhaltenen Aufstellungen mit Ihren eigenen Protokollen ab. Weisen Sie die Bediensteten auf etwaige Unstimmigkeiten hin und bitten Sie um Korrektur.

Meist dauern die Nachprüfungen der Kommission mehrere Tage, enden aber spätestens an einem Freitagmittag, damit die Bediensteten der Kommission ausreichend Zeit für ihre Rückreise nach Brüssel haben. Wenn das Kommissionsteam die Durchsicht der elektronischen Daten nicht innerhalb dieses Zeitraums abschließen kann, nimmt es die noch nicht durchgesehenen Datenkopien in einem versiegelten Umschlag mit nach Brüssel. Dort kann die Durchsicht dann später fortgesetzt werden, wobei Vertreterinnen / Vertreter des Unternehmens die Gelegenheit erhalten, bei der Durchsicht anwesend zu sein.

Erstellung eines internen Berichts

Die Unternehmensangehörigen, die die Nachprüfung begleitet haben (→ 3. Begleitung der Bediensteten), sollten deren Ablauf in einem internen Bericht dokumentieren, sobald die Bediensteten der Kommission abgereist sind. Zu protokollieren sind insbesondere die Suchbegriffe, die das Kommissionsteam für die elektronische Suche verwendet hat. Diese Informationen bilden eine wichtige Grundlage für die weiteren Entscheidungen des Unternehmens darüber, wie es seine Verteidigung organisiert.

Organisation der Verteidigung und Presseerklärung

Im Anschluss an die Nachprüfung sollten Sie prüfen, ob eine gerichtliche Überprüfung sinnvoll ist und wie Sie die weitere Verteidigung Ihres Unternehmens organisieren.

Bereiten Sie eine Erklärung für den Fall von Presseanfragen vor. Bereiten Sie außerdem Antworten für den Fall von Nachfragen Ihrer Kundinnen / Kunden, Geschäftspartnerinnen / Geschäftspartner und der Unternehmensangehörigen vor. Stimmen Sie den Wortlaut aller Erklärungen mit Ihrem Rechtsbeistand ab.

Staatsanwaltschaft

Durchsuchungen der Staatsanwaltschaft oder anderer Ermittlungsbehörden

Die Aufdeckung und Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten ist Aufgabe von Staatsanwaltschaften, Steuer- und Zollfahndungen oder anderer Ermittlungsbehörden. Zu den im Wirtschaftsleben häufigsten Delikten, die eine Durchsuchung nach sich ziehen, zählen insbesondere Korruptionsdelikte, Untreue und andere Vermögensstraftaten, Steuerdelikte, aber auch Verstöße gegen arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Vorschriften.

Durchsuchungen durch die Staatsanwaltschaft, Steuerfahndung und andere Ermittlungsbehörden dienen in erster Linie dem Auffinden und der Sicherstellung von Beweismitteln sowie der Sachverhaltsaufklärung. Hiervon können Unternehmen auch dann betroffen sein, wenn nicht eigene Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter im Fokus der Ermittlerinnen / Ermittler stehen, sondern Geschäftspartnerinnen / Geschäftspartner.

Die Staatsanwaltschaft bedient sich zur Ermittlung ihrer Ermittlungspersonen – meist der Polizei, daneben aber auch der Steuer- oder Zollfahndungsstellen, der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls oder anderer Behörden. Die Verdachtsschwelle zur Aufnahme von Ermittlungen und zur Durchführung von Durchsuchungen ist vergleichsweise niedrig: Es genügt, dass gewisse Anhaltspunkte für strafbares Verhalten vorliegen.

 

Durchsuchung durch die Staatsanwaltschaft oder andere Ermittlungsbehörden

Was können Sie tun? Was dürfen Sie tun? Was sollten Sie vermeiden?

Prüfen Sie den Durchsuchungsbeschluss

Die Ermittlungspersonen werden Ihnen einen Durchsuchungsbeschluss aushändigen. Lesen Sie diesen Beschluss aufmerksam durch. Er berechtigt die Ermittlungspersonen zum Betreten des Unternehmens und zur Durchsicht von Unterlagen.

Die Durchsuchung muss normalerweise von einem Richter angeordnet werden. Bei „Gefahr im Verzug“ dürfen die Ermittlungspersonen auch ohne einen richterlichen Beschluss durchsuchen.

Aus dem Beschluss sollten sich folgende Informationen ergeben:

  • Gegen wen richtet sich das Verfahren (Beschuldigte, Betroffene)?
  • Aus welchem Grund wird ermittelt (Vorwurf)?
  • Welche Räumlichkeiten dürfen durchsucht werden (Firmierung, Adresse)?
  • Wonach dürfen die Ermittlungspersonen suchen (Beweismittel)?

Diese Angaben sind wichtig, weil sie die Ermittlungsbefugnisse der Ermittlungspersonen begrenzen. Firmen und Räumlichkeiten, die im Beschluss nicht genannt werden, dürfen nicht von den Ermittlungspersonen durchsucht werden. Allerdings können die Ermittlungspersonen bei „Gefahr im Verzug“ die Durchsuchung möglicherweise auf weitere Räumlichkeiten erstrecken.

Sofern der Beschluss keine Angaben enthält, bitten Sie die Ermittlungspersonen um entsprechende Auskunft.

Prüfen Sie die Identität der Ermittlungspersonen

Halten Sie die Namen der Ermittlungspersonen anhand von deren Visitenkarten oder ggf. Dienstausweisen fest und notieren Sie deren Funktion.

Benachrichtigen Sie sofort einen Rechtsbeistand

Stellen Sie sicher, dass die Geschäftsleitung sofort nach dem Eintreffen der Ermittlungspersonen benachrichtigt wird.

Kontaktieren Sie außerdem sofort folgende Personen:

  • Sofern vorhanden: Rechtsabteilung und / oder Compliance Officer,
  • Kontaktieren Sie das Noerr Dawn Raid Team. Wir sind mit dem Vorgehen der Ermittlungspersonen vertraut und stehen Ihnen mit unserer Erfahrung zur Seite. Die Ermittlungspersonen müssen jedoch nicht auf das Eintreffen externer Anwältinnen und Anwälte warten. Ein schneller Anruf ist daher besonders wichtig.

Übermitteln Sie eine Kopie des Durchsuchungsbeschlusses und aller weiteren Unterlagen, die Sie von den Ermittlungspersonen erhalten haben, an die genannten Personen.

Bitten Sie die Ermittlungspersonen, auf Ihren Rechtsbeistand zu warten

Bitten Sie die Ermittlungspersonen, mit dem Beginn der Durchsuchung zu warten, bis Ihr Rechtsbeistand (Rechtsabteilung, Compliance Officer oder Noerr Dawn Raid Team) eingetroffen ist.

Häufig sind die Ermittlungspersonen bereit, eine gewisse Zeit zu warten, wenn sichergestellt ist, dass in dieser Zeit keine Unterlagen beiseitegeschafft oder sonst Beweise vernichtet werden. Beachten Sie aber, dass die Ermittlungspersonen nicht verpflichtet sind, Ihrer Bitte nachzukommen.

Erkundigen Sie sich in der Wartezeit bei den Ermittlungspersonen, wie diese bei der Durchsuchung vorgehen wollen. Notieren Sie die Antworten.

Benennen Sie eine Person als zentrale Ansprechpartnerin / zentralen Ansprechpartner

Benennen Sie gegenüber den Ermittlungspersonen eine Person, die alle Maßnahmen Ihres Unternehmens koordiniert. An diese Person sollen sich die Ermittlungspersonen ebenso wie alle Unternehmensangehörigen bei Fragen zum Ablauf der Durchsuchung wenden. Außerdem soll nur diese Person angesprochen werden, wenn die Ermittlungspersonen Fragen zum Inhalt von Unterlagen oder sonstige Fragen zum untersuchten Sachverhalt haben.

Zusammenstellung eines Teams, das die Ermittlungspersonen begleitet („Shadowing“)

Sie dürfen und sollten die Ermittlungspersonen bei ihrer Tätigkeit begleiten. Jede Ermittlungsperson sollte nach Möglichkeit von wenigstens einer oder einem Angehörigen Ihres Unternehmens begleitet werden (sogenanntes „Shadowing“). Hierdurch können sich die Ermittlungspersonen mit Hilfe ihrer Begleitung leichter im Unternehmen zurechtfinden, was einen zügigeren Ablauf ermöglicht.

Weisen Sie die Teammitglieder bitte in die Aufgaben ein, wie sie unter → 3. Begleitung der Bediensteten dargestellt werden.

Anweisungen an die IT-Abteilung

Die Suche nach elektronischen Dokumenten bildet häufig den Schwerpunkt einer Durchsuchung. Sie sind aufgrund des Durchsuchungsbeschlusses verpflichtet, den Ermittlungspersonen Zugriff auf die IT-Daten Ihres Unternehmens zu gewähren.

Weisen Sie die Mitglieder Ihrer IT-Abteilung bitte in die Aufgaben ein, wie sie unter → 6. Durchsuchung von elektronischen Daten dargestellt werden.

Besorgen Sie einen Raum für die Ermittlungspersonen

Bieten Sie den Ermittlungspersonen einen Raum an, der von ihnen während der Durchsuchung genutzt werden kann, z.B. für Besprechungen und zur Sammlung von Unterlagen. Der Raum sollte so gelegen sein, dass sich die Ermittlungspersonen dort möglichst unbemerkt vom laufenden Geschäftsbetrieb aufhalten können.

Informieren Sie die Unternehmensangehörigen

Informieren Sie alle Angehörigen Ihres Unternehmens in den Bereichen, in denen sich die Ermittlungspersonen aufhalten, dass eine behördliche Untersuchung stattfindet. Versenden Sie hierzu eine E-Mail oder bitten Sie die zuständigen Vorgesetzten, ihre Mitarbeitenden entsprechend zu informieren.

Weisen Sie außerdem auf folgende Punkte hin:

  • Die Ermittlungspersonen dürfen bei ihrer Arbeit auf keinen Fall gestört werden. Widerstand gegen die Anordnungen der Ermittlungspersonen und jede Behinderung ihrer Tätigkeit kann empfindliche Sanktionen nach sich ziehen (z.B. Geldbußen, Geldstrafen, Haft).
  • Unternehmensangehörige dürfen unter keinen Umständen Dokumente vernichten, verstecken oder E-Mails löschen.
  • Bei allen Fragen zur Untersuchung sollen sich die Unternehmensangehörigen an ihre jeweiligen Vorgesetzten oder die zentrale Ansprechpartnerin / den zentralen Ansprechpartner wenden. Dies gilt auch, wenn Unternehmensangehörige von den Ermittlungspersonen angesprochen werden.
  • Über die Tatsache der Untersuchung muss Stillschweigen bewahrt werden. Insbesondere dürfen keine Außenstehenden informiert werden (z.B. Kund/innen, Wettbewerber/innen, Presse, Familie oder sonstige Dritte).

Notwendigkeit eines „Shadowing“

Die Ermittlungspersonen sind berechtigt, alle Räume und Gegenstände, so wie im Durchsuchungsbeschluss bezeichnet, selbst zu durchsuchen. Die Ermittlungspersonen dürfen und sollten während der gesamten Zeit der Durchsuchung von Angehörigen des Unternehmens beaufsichtigt werden (sog. „Shadowing“). Zu diesem Zweck ist ein Team zu bilden (→ 2. Weitere Maßnahmen zu Beginn der Durchsuchung).

Aufgaben der Teammitglieder

Die Mitglieder des Teams haben folgende Aufgaben:

  • Jede Ermittlungsperson soll während der gesamten Dauer der Durchsuchung von wenigstens einem Teammitglied beaufsichtigt werden.
  • Die Teammitglieder sollen alle Maßnahmen der Ermittlungspersonen protokollieren. Hierzu gehört: Welche Räume werden betreten? Welche Unterlagen werden geprüft und mitgenommen? Welche Fragen werden gestellt? Welche Antworten werden gegeben?
  • Die Teammitglieder führen die Ermittlungspersonen zu den Räumen und legen ihnen die Unterlagen vor, nach denen sie verlangen.
  • Bei Fragen zum Inhalt der Unterlagen oder bei sonstigen Fragen zum untersuchten Sachverhalt verweisen die Teammitglieder an die zentrale Ansprechpartnerin / den zentralen Ansprechpartner Ihres Unternehmens.
  • Die Teammitglieder stellen sicher, dass die Ermittlungspersonen ihrer Tätigkeit ungestört nachgehen können. Keinesfalls dürfen die Ermittlungspersonen behindert, Unterlagen beiseitegeschafft, Daten gelöscht oder Dritte gewarnt werden. Jede Behinderung kann empfindliche Sanktionen für das Unternehmen und die handelnden Personen nach sich ziehen (z.B. Geldbußen, Geldstrafen, Haft).

Das Unternehmen muss den Ermittlungspersonen Zugang zu allen Räumen, Grundstücken und Transportmitteln gewähren und alle Unterlagen vorlegen, nach denen sie fragen. Das bedeutet auch, dass auf Verlangen z.B. ein Schrank aufgesperrt wird. Beschäftigte sollten auch Zugang zu elektronischen Speichermedien gewähren, damit die Bediensteten deren Inhalte prüfen können.

Es ist außerdem von Vorteil, wenn Sie den Ermittlungspersonen Hinweise geben, wo sich die Unterlagen befinden, die vom Durchsuchungsbeschluss erfasst sind. Dadurch kann das Risiko einer umfassenden Beschlagnahme und von „Zufallsfunden“ verringert werden.

Räume, Fahrzeuge und Unterlagen des Unternehmens

Folgende Räumlichkeiten, Gegenstände und Personen dürfen grundsätzlich durchsucht werden:

  • Alle im Durchsuchungsbeschluss angegebenen Räume (Firmierung, Adresse),
  • Schreibtische, Schränke, Aktenarchive,
  • Geschäftsunterlagen wie z.B. Akten, Schriftverkehr, Vermerke, Terminkalender, Buchhaltungsunterlagen, Reisekostenabrechnungen,
  • Elektronische Unterlagen wie z.B. E-Mails, Präsentationen, Excel-Dateien, Word-Dokumente,
  • Geschäftsfahrzeuge (auch wenn teilweise privat genutzt),
  • Aktentaschen, Laptops, Kalender, Adressbücher, Mobiltelefone,
  • Daten auf den Servern des Unternehmens,
  • Private Geräte im Unternehmen, die auch beruflich genutzt werden („bring your own device“).

Private Räume, Fahrzeuge und Unterlagen

Wenn dies im Durchsuchungsbeschluss ausdrücklich festgehalten ist, dürfen die Bediensteten auch die privaten Gegenstände durchsuchen, z.B.:

  • Private Wohnungen und Grundstücke,
  • Private Fahrzeuge,
  • Private Geräte und Unterlagen außerhalb des Unternehmens.

Gegenstände außerhalb des Durchsuchungsbeschlusses

Die Ermittlungspersonen dürfen nur nach Beweismitteln suchen, die unter den Durchsuchungsbeschluss fallen. Wenn sie allerdings bei der Durchsuchung zufällig auf ein Dokument stoßen, das auf eine andere Straftat oder Ordnungswidrigkeit hindeutet („Zufallsfund“), dürfen sie dieses Dokument sicherstellen.

Die Ermittlungspersonen dürfen auch keine Räume und Sachen durchsuchen, die nicht vom Durchsuchungsbeschluss erfasst werden. Sie können allerdings bei „Gefahr im Verzug“ die Durchsuchung auch solcher Räume und Sachen anordnen.

Schriftverkehr mit externen Anwältinnen und Anwälten (Verteidigungsunterlagen)

Das deutsche Recht schützt die Vertraulichkeit der Kommunikation zwischen einer beschuldigten Person und ihrem Anwalt / ihrer Anwältin. Die Ermittlungspersonen dürfen deshalb nicht auf bestimmte „Verteidigungsunterlagen“ zugreifen. Dieser Schutz besteht allerdings nur unter engen Voraussetzungen:

  • Es muss sich um Schriftverkehr mit einer zugelassenen externen Anwältin / einem zugelassenen externen Anwalt handeln.
  • Die Anwältin / der Anwalt berät das durchsuchte Unternehmen.
  • Die Unterlagen sind nach Einleitung eines Ermittlungsverfahrens oder in Zusammenhang damit zum Zwecke der Verteidigung des Unternehmens erstellt worden.

Schriftverkehr mit der eigenen Rechtsabteilung dürfen die Ermittlungspersonen also ebenso durchsehen und mitnehmen wie Schriftverkehr mit fremden Anwältinnen und Anwälten (z.B. Anwälteinnen / Anwälte anderer Konzerngesellschaften) und die gesamte Anwaltskorrespondenz, die nicht die Verteidigung in einem Ermittlungsverfahren zum Gegenstand hat.

Fragen Sie in Zweifelsfällen Ihre Rechtsabteilung oder Ihren Rechtsbeistand, ob ein Dokument geschützt ist.

Beachten Sie, dass die Ermittlungspersonen berechtigt sind, die Unterlagen „kursorisch zu prüfen“, um festzustellen, ob sie tatsächlich geschützt sind. Wenn die Ermittlungspersonen auf die Herausgabe der Unterlagen bestehen, bitten Sie darum, dass die Unterlagen separiert und in einem Umschlag bis zu einer gerichtlichen Entscheidung versiegelt werden.

Datensuche als Schwerpunkt der Durchsuchung

Die Suche nach elektronischen Dokumenten ist von enormer praktischer Bedeutung und bildet nahezu immer den Schwerpunkt einer Durchsuchung. Die Ermittlungspersonen werden Zugang zu allen Datenträgern verlangen, die sich den Beschuldigten, Betroffenen oder Zeugen zuordnen lassen. Dies sind z.B. deren Computerfestplatten, Mobiltelefone, E-Mail-Konten und Netzwerkordner. Soweit vorhanden, werden auch Sicherungskopien (Backups) miteinbezogen.

Umfassender Zugriff der Ermittlungspersonen auf alle IT-Daten

Sie sollten den Ermittlungspersonen den Zugriff auf die Daten Ihres Unternehmens ermöglichen. Hierzu gehört, dass Sie den Ermittlungspersonen den Aufbau und die Struktur des IT-Systems erklären und Zugriff auf Nutzerkonten ermöglichen. Beachten Sie, dass die Ermittlungspersonen, wenn sie keinen Zugriff auf die Daten erhalten, die betreffenden Geräte und Datenträger (Computer, Server) auch beschlagnahmen können. Nicht zuletzt, um eine solche Beschlagnahme zu vermeiden, empfiehlt sich die Kooperation mit den Ermittlungspersonen.

In der Praxis gehen die Ermittlungspersonen so vor, dass sie Kopien von allen Daten machen, die sich den „Zielpersonen“ zuordnen lassen. Die kopierten Daten werden vorläufig sichergestellt und zur Durchsicht in die Amtsräume gebracht. Dort werden sie später mithilfe einer forensischen Analysesoftware nach Suchbegriffen durchsucht („e-Search“). Erst jetzt ist die IT-Durchsuchung abgeschlossen.

Eine zeitliche Grenze, bis wann die Daten zu sichten sind, ist im Gesetz nicht vorgesehen.

Es kann vorkommen, dass die Ermittlungspersonen Unterlagen in einem Umfang anfordern, der eine Prüfung an einem einzigen Tag unmöglich macht. In einem solchen Fall werden die Unterlagen regelmäßig in einem separaten Raum auf dem Unternehmensgelände gesichert und die Untersuchung am folgenden Tag fortgesetzt. Der Aufbewahrungsraum wird sodann versiegelt.

Achten Sie darauf, dass nach der Versiegelung niemand versucht, Zutritt zu den Räumen zu erlangen, da jeder Bruch der Versiegelung strafbar ist. Stellen Sie durch deutliche Warnhinweise und ggf. durch Abstellung eines Mitarbeitenden sicher, dass niemand in den Raum zu gelangen versucht und die Versiegelung verletzt (z.B. durch Reinigungskräfte). Das bloße Abschließen der Tür ist nicht ausreichend.

Fertigen Sie Fotos von der Versiegelung und der Öffnung der Versiegelung durch die Bediensteten an, um später nachweisen zu können, dass die Versiegelung nicht beschädigt oder verändert worden ist.

Sicherstellung durch die Ermittlungspersonen

Die Ermittlungspersonen sind berechtigt, alle Gegenstände, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können, sicherzustellen, d.h. zur Verwahrung in die Behörde mitzunehmen. Auch elektronische Datenträger (z.B. Festplatten, USB-Sticks, CD-ROM, Mobiltelefone) können die Ermittlungspersonen mitnehmen, insbesondere, wenn es ihnen nicht gelingt, eine Kopie der darauf befindlichen Daten zu erstellen. Ihnen sollte auch deshalb Zugang zu den Daten gewährt werden, um eine Sicherstellung abzuwenden.

Anfertigung von Kopien für das Unternehmen, sofern möglich

Da die Auswertung der sichergestellten Unterlagen und Datenträger viele Monate in Anspruch nehmen kann, sollten Sie versuchen, von den wichtigsten für das Tagesgeschäft relevanten Unterlagen Kopien zu erstellen. Beachten Sie aber, dass die Ermittlungspersonen nicht verpflichtet sind, Ihnen das Kopieren von Unterlagen zu gestatten. Bei einer kooperativen Durchführung der Durchsuchung werden sie dies aber häufig für einzelne Unterlagen erlauben, solange sich der Ablauf der Durchsuchung dadurch nicht verzögert.

Wichtig: Erklären Sie sich nicht mit der Sicherstellung einverstanden

Auch wenn die Ermittlungspersonen berechtigt sind, Beweismittel mitzunehmen, bedeutet dies nicht, dass Sie mit der Sicherstellung einverstanden sein müssen. Lassen Sie die Beweismittel förmlich beschlagnahmen, damit Ihr Unternehmen keine Rechtschutzmöglichkeiten verliert. Das am Ende der Durchsuchung ausgefüllte Durchsuchungsprotokoll sieht hierfür ein Feld zum Ankreuzen vor.

Umfang der Mitwirkungspflicht

Fragen von Polizei, Steuerfahndung oder Zollfahndung müssen Sie nur beantworten, sofern die Befragung ausdrücklich durch die Staatsanwaltschaft oder einer Behörde mit denselben Befugnissen angeordnet ist. In allen anderen Fällen müssen Sie weder zu einer Befragung erscheinen noch hieran mitwirken.

Fragen zur Person

Fragen zur Person müssen Sie beantworten. Dies umfasst Vorname, Familien- und Geburtsname, Geburtsort und Geburtsdatum, Familienstand, Wohnort/Wohnung und Staatsangehörigkeit. Eine Zuwiderhandlung kann mit einem Bußgeld geahndet werden.

Befragung von Beschuldigten oder Betroffenen

Personen, gegen die sich das Ermittlungsverfahren richtet, müssen über Fragen zur Person hinaus keine weiteren Fragen beantworten. Ihnen steht ein umfassendes Aussageverweigerungsrecht zu. Hierüber sind sie auch von den Ermittlungspersonen zu belehren.

Beschuldigte sollten ohne Konsultation mit einem Rechtsbeistand keine Aussagen zu den Tatvorwürfen machen.

Befragung von Zeug/innen und sonstigen Auskunftspersonen

Alle Personen, gegen die sich die Ermittlungen (noch) nicht richten, sind Zeug/innen. Als solche steht ihnen kein umfassendes Aussageverweigerungsrecht zu, sofern sie nicht mit einer / einem der Beschuldigten verwandt oder verschwägert sind. Sie dürfen aber die Antworten auf solche Fragen verweigern, bei deren wahrheitsgemäßer Beantwortung Sie auch nur in die Gefahr geraten könnten, wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

Holen Sie sich einen Rechtsbeistand dazu!

In der Ausnahmesituation einer Durchsuchung kommt es schnell zu unreflektierten Erklärungsversuchen. Versuchen Sie deshalb, Äußerungen zur Sache nach Möglichkeit zu vermeiden:

  • Fragen zum Ablauf der Durchsuchung wie z.B. zum Standort gesuchter Unterlagen oder zur Struktur des Unternehmens (z.B.: Namenskürzel, unternehmensinterne Abkürzungen, Position einer Person im Unternehmen) können Sie kurz, sachlich und präzise beantworten. Stellen Sie keine Mutmaßungen an, wenn Sie sich unsicher sind. Antworten Sie im Zweifel mit „Ich weiß es nicht“.
  • Bieten Sie den Ermittlungspersonen an, andere Fragen schriftlich zu beantworten. Notieren Sie hierzu die konkreten Fragen. Konsultieren Sie vor einer Antwort Ihren Rechtsbeistand.
  • Wenn die Ermittlungspersonen auf der formellen Befragung bestehen, holen Sie unbedingt einen anwaltlichen Beistand dazu. Denn die Beurteilung, wann bereits die Gefahr einer Strafverfolgung besteht, ist im Einzelfall sehr schwierig.
  • Wenn eine formelle Befragung durchgeführt wird, müssen die Ermittlungspersonen die Befragung protokollieren. Dieses Protokoll sollte von Ihnen im Anschluss kontrolliert werden.

Durchsuchungsprotokoll und Sicherstellungsverzeichnis

Im Rahmen einer Abschlussbesprechung werden die Ermittlungspersonen Ihnen ein Durchsuchungsprotokoll und ein Sicherstellungsverzeichnis und, sofern vorhanden, die Protokolle der Befragungen (→ 9. Befragungen durch die Kartellbehörde) übergeben.

Gleichen Sie die von den Ermittlungspersonen erhaltenen Aufstellungen mit Ihren eigenen Protokollen ab, weisen Sie die Ermittlungspersonen auf etwaige Unstimmigkeiten hin und bitten Sie um Korrektur.

Bestehen Sie auf förmliche Beschlagnahme

Im Regelfall sollten Sie sich nicht mit der freiwilligen Sicherstellung von Beweismitteln einverstanden erklären, sondern diese förmlich beschlagnahmen lassen. Nach Abschluss der Durchsuchung können Sie mit Ihrem Rechtsbeistand klären, ob gegen die Beschlagnahme Widerspruch eingelegt werden soll. (→ 8. Sicherstellung und Beschlagnahme von Beweismitteln).

Erstellung eines internen Berichts

Die Unternehmensangehörigen, die die Durchsuchung begleitet haben (→ 3. Begleitung der Bediensteten), sollten deren Ablauf in einem internen Bericht dokumentieren, sobald die Ermittlungspersonen abgereist sind.

Organisation der Verteidigung und Presseerklärung

Im Anschluss an die Durchsuchung sollten Sie prüfen, ob eine gerichtliche Überprüfung sinnvoll ist und wie Sie die weitere Verteidigung Ihres Unternehmens organisieren.

Bereiten Sie eine Erklärung für den Fall von Presseanfragen vor. Bereiten Sie außerdem Antworten für den Fall von Nachfragen Ihrer Kund/innen, Geschäftspartner/innen und der Unternehmensangehörigen vor. Stimmen Sie den Wortlaut aller Erklärungen mit Ihrem Rechtsbeistand ab.

Zoll

Prüfungen durch den Zoll oder andere Behörden

Die Aufdeckung und Verfolgung von Schwarzarbeit ist Aufgabe der Zollbehörden, genauer der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS), die den jeweils örtlich zuständigen Hauptzollämtern zugeordnet ist. Aber auch andere Behörden haben die Aufgabe, die Einhaltung verwaltungsrechtlicher Vorschriften zu prüfen. Oftmals kommt diesen Behörden eine doppelte Rolle zu: Zum einen sind sie Ermittlungsbehörden bei einem konkreten Verdacht von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten. In diesem Fall stehen ihnen die oben genannten Befugnisse wie der Staatsanwaltschaft zu (→ Durchsuchungen der Staatsanwaltschaft oder anderer Ermittlungsbehörden). Zum anderen sind sie zuständige Aufsichtsbehörde, die präventive Kontrollen alleine im Rahmen verwaltungsrechtlicher Vorschriften durchführt.

Im Rahmen der präventiven Kontrolle können die Beamten des Zolls oder anderer Behörden Überprüfungen im Unternehmen vornehmen, die oftmals einer Durchsuchung sehr ähneln, die aber dennoch anderen Regeln unterliegen.

 

Überprüfungen durch den Zoll oder andere Behörden

Was können Sie tun? Was dürfen Sie tun? Was sollten Sie vermeiden?

Prüfen Sie die Identität der Beamtinnen / Beamten

Halten Sie die Namen der Beamtinnen / Beamten anhand von deren Visitenkarten oder ggf. Dienstausweisen fest und notieren Sie deren Funktion.

Benachrichtigen Sie sofort einen Rechtsbeistand

Stellen Sie sicher, dass die Geschäftsleitung sofort nach dem Eintreffen der Beamtinnen / Beamten benachrichtigt wird.

Kontaktieren Sie außerdem sofort folgende Personen:

  • Sofern vorhanden: Rechtsabteilung und / oder Compliance Officer,
  • Kontaktieren Sie das Noerr Dawn Raid Team. Wir sind mit dem Vorgehen der Beamtinnen / Beamten vertraut und stehen Ihnen mit unserer Erfahrung zur Seite. Die Beamtinnen / Beamten müssen jedoch nicht auf das Eintreffen externer Anwältinnen und Anwälte warten. Ein schneller Anruf ist daher besonders wichtig.

Fragen Sie nach einem Durchsuchungsbeschluss

Fragen Sie die Beamtinnen / Beamten nach einem Durchsuchungsbeschluss. Bei bloßen Prüfungen und Kontrollen benötigen die Beamtinnen / Beamten keinen Durchsuchungsbeschluss. Sofern es einen Durchsuchungsbeschluss gibt, findet eine Ermittlung in einem Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren statt, bei dem die oben geschilderten Verhaltensanweisungen gelten (→ Durchsuchungen der Staatsanwaltschaft oder anderer Ermittlungsbehörden).

Bitten Sie die Beamtinnen / Beamten, auf Ihren Rechtsbeistand zu warten

Bitten Sie die Beamtinnen / Beamten, mit dem Beginn der Prüfung zu warten, bis Ihr Rechtsbeistand (Rechtsabteilung, Compliance Officer oder Noerr Dawn Raid Team) eingetroffen ist.

Häufig sind die Beamtinnen / Beamten bereit, eine gewisse Zeit zu warten, wenn sichergestellt ist, dass in dieser Zeit keine Unterlagen beiseitegeschafft oder sonst Beweise vernichtet werden. Beachten Sie aber, dass die Beamtinnen / Beamten nicht verpflichtet sind, Ihrer Bitte nachzukommen.

Erkundigen Sie sich in der Wartezeit bei den Beamt/innen, wie diese bei der Prüfung vorgehen wollen. Notieren Sie die Antworten.

Benennen Sie eine Person als zentrale Ansprechpartnerin / zentralen Ansprechpartner

Benennen Sie gegenüber den Beamt/innen eine Person, die alle Maßnahmen Ihres Unternehmens koordiniert. An diese Person sollen sich die Beamt/innen ebenso wie alle Unternehmensangehörigen bei Fragen zum Ablauf der Prüfung wenden. Außerdem soll nur diese Person angesprochen werden, wenn die Beamt/innen Fragen zum Inhalt von Unterlagen oder sonstige Fragen zum untersuchten Sachverhalt haben.

Zusammenstellung eines Teams, das die Beamtinnen / Beamten begleitet („Shadowing“)

Sie dürfen und sollten die Beamtinnen / Beamten bei ihrer Tätigkeit begleiten. Jeder Beamte sollte nach Möglichkeit von wenigstens einer oder einem Angehörigen Ihres Unternehmens begleitet werden (sogenanntes „Shadowing“). Außerdem können sich die Bediensteten mit Hilfe ihrer Beamtinnen / Beamten leichter im Unternehmen zurechtfinden, was einen zügigeren Ablauf ermöglicht.

Weisen Sie die Teammitglieder bitte in die Aufgaben ein, wie sie unter → 3. Begleitung der Bediensteten dargestellt werden.

Anweisungen an die IT-Abteilung

Die Bitte um Herausgabe elektronischer Dokumente bildet praktisch immer den Schwerpunkt einer Prüfung. Sie sind regelmäßig zu deren Herausgabe verpflichtet.

Weisen Sie die Mitglieder Ihrer IT-Abteilung bitte in die Aufgaben ein, wie sie unter → 6. Durchsuchung von elektronischen Daten dargestellt werden.

Besorgen Sie einen Raum für die Beamtinnen / Beamten

Bieten Sie den Beamtinnen / Beamten einen Raum an, der von ihnen während der Prüfung genutzt werden kann, z.B. für Besprechungen und zur Sammlung von Unterlagen. Der Raum sollte so gelegen sein, dass sich die Beamtinnen / Beamten dort möglichst unbemerkt vom laufenden Geschäftsbetrieb aufhalten können.

Informieren Sie die Unternehmensangehörigen

Informieren Sie alle Angehörigen Ihres Unternehmens in den Bereichen, in denen sich die Beamtinnen / Beamten aufhalten, dass eine behördliche Prüfung stattfindet. Versenden Sie hierzu eine E-Mail oder bitten Sie die zuständigen Vorgesetzten, ihre Mitarbeitenden entsprechend zu informieren.

Weisen Sie außerdem auf folgende Punkte hin:

  • Die Beamtinnen / Beamten dürfen bei ihrer Arbeit auf keinen Fall gestört werden. Widerstand gegen die Anordnungen der Beamtinnen / Beamten und jede Behinderung ihrer Tätigkeit kann empfindliche Sanktionen nach sich ziehen (z.B. Geldbußen, Geldstrafen, Haft).
  • Unternehmensangehörige dürfen unter keinen Umständen Dokumente vernichten, verstecken oder E-Mails löschen.
  • Bei allen Fragen zur Untersuchung sollen sich die Unternehmensangehörigen an ihre jeweiligen Vorgesetzten oder die zentrale Ansprechpartnerin / den zentralen Ansprechpartner wenden. Dies gilt auch, wenn Unternehmensangehörige von den Beamt/innen angesprochen werden.

Notwendigkeit eines „Shadowing“

Die Beamtinnen / Beamten sind berechtigt, alle Geschäftsräume zu betreten. Die Bediensteten dürfen und sollten während der gesamten Zeit der Prüfung von Angehörigen des Unternehmens beaufsichtigt werden (sog. „Shadowing“). Zu diesem Zweck ist ein Team zu bilden (→ 2. Weitere Maßnahmen zu Beginn der Durchsuchung).

Aufgaben der Teammitglieder

Die Mitglieder des Teams haben folgende Aufgaben:

  • Jede/r Beamte soll während der gesamten Dauer der Durchsuchung von wenigstens einem Teammitglied beaufsichtigt werden.
  • Die Teammitglieder sollen alle Maßnahmen der Beamtinnen / Beamten protokollieren. Hierzu gehört: Welche Räume werden betreten? Welche Unterlagen werden geprüft und mitgenommen? Welche Fragen werden gestellt? Welche Antworten werden gegeben?
  • Die Teammitglieder führen die Beamtinnen / Beamten zu den Räumen und legen ihnen die Unterlagen vor, nach denen sie verlangen.
  • Bei Fragen zum Inhalt der Unterlagen oder bei sonstigen Fragen zum untersuchten Sachverhalt verweisen die Teammitglieder an die zentrale Ansprechpartnerin / den zentralen Ansprechpartner Ihres Unternehmens.
  • Die Teammitglieder stellen sicher, dass die Beamtinnen / Beamten ihrer Tätigkeit ungestört nachgehen können. Keinesfalls dürfen die Beamtinnen / Beamten behindert, Unterlagen beiseitegeschafft, Daten gelöscht oder Dritte gewarnt werden. Jede Behinderung kann empfindliche Sanktionen für das Unternehmen und die handelnden Personen nach sich ziehen (z.B. Geldbußen, Geldstrafen, Haft).

Das Unternehmen ist verpflichtet, an der Prüfung mitzuwirken und diese zu unterstützen. Insbesondere muss das Unternehmen und ggf. auch alle dort anwesenden Personen:

  • das Betreten der Büros bzw. Grundstücke zu gewöhnlichen Geschäftszeiten und
  • die Feststellung der Personalien der Anwesenden dulden.

Bei der Personenfeststellung kann es auch zu vorläufigen Festnahmen seitens der Beamtinnen / Beamten kommen. Leisten Sie keinen Widerstand und verhalten Sie sich kooperativ.

Auf Verlangen sind Anwesende auch verpflichtet:

  • sich auszuweisen,
  • Einsicht in (Lohn- und Meldeunterlagen, Verträge, Rechnungen), Geschäftsbücher und andere Geschäftsunterlagen zu gewähren und diese vorzulegen,
  • Einsicht in durch Personen mitgeführte Dokumente zu gewähren,
  • die Anfertigung von Kopien solcher Unterlagen zu dulden,
  • diese Daten auf Verlangen auf automatisiert verarbeitbaren Datenträgern oder in Listen zu übermitteln und
  • alle sonstigen erforderlichen Auskünfte zu erteilen.

Befinden sich Unterlagen bei Dritten (z.B. Steuerprüfern, Wirtschaftsprüfern), so hat die Arbeitgeberin / der Arbeitgeber im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht alles zu tun, um die Einsichtnahme zu ermöglichen.

Eine eigenständige Durchsuchung von Räumlichkeiten oder Gegenständen durch die Beamtinnen / Beamten und die Beschlagnahme von Unterlagen ist nur zulässig, wenn die leitende Ermittlungsbeamtin / der leitende Ermittlungsbeamte aufgrund eines Anfangsverdachts ein Ermittlungsverfahren einleitet.

Der genaue Umfang der Prüfungsrechte sowie die Mitwirkungspflichten hängen von den jeweiligen Aufgaben und Befugnissen der Behörde ab. Insoweit ist eine Abstimmung mit Ihrem externen Rechtsbeistand dringend angeraten.

Die Beamtinnen / Beamten der FKS sind grundsätzlich nur dazu berechtigt, Räume zu betreten. Das Unternehmen ist allerdings verpflichtet, dies zu dulden. Ferner ist das Unternehmen verpflichtet, von den Beamtinnen / Beamten angeforderte Geschäftsunterlagen vorzulegen.

Darüber hinaus ist das Unternehmen verpflichtet, alle geforderten Auskünfte zu erteilen und Unterlagen vorzulegen. Personen, die sich durch die Auskunftserteilung in die Gefahr der Verfolgung wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit begeben würden, haben allerdings das Recht, die Beantwortung solcher Fragen zu verweigern. Die Pflicht zur Vorlage von Dokumenten und Unterlagen bleibt hiervon aber unberührt.

Die Beamtinnen / Beamten sind grundsätzlich nicht berechtigt, Original-Dokumente mitzunehmen. Sie sind aber berechtigt, Kopien anzufertigen und diese mitzunehmen.

Eine Ausnahme kann für anwesende Ausländerinnen / Ausländer bestehen, sofern sich Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen ausländerrechtliche Vorschriften ergeben. In diesem Fall ist den Beamtinnen / Beamten auf Verlangen der Pass, Passersatz oder Ausweisersatz und der Aufenthaltstitel, die Duldung oder die Aufenthaltsgestattung vorzulegen und zur Weiterleitung an die zuständige Ausländerbehörde zu überlassen.

Sofern die Unterlagen Geschäftsgeheimnisse beinhalten, kennzeichnen Sie diese mit „Vertraulich“ oder „Geschäftsgeheimnisse“. Wenn Unterlagen unvollständig sind, erklären Sie den Beamtinnen / Beamten den Grund und sichern Sie ihnen zu, die Unterlagen unverzüglich zu vervollständigen und Kopien nachzureichen.

Fragen zur Person müssen alle Anwesenden beantworten. Dies umfasst Vorname, Familien- und Geburtsname, Geburtsort und Geburtsdatum, Familienstand, Wohnort/Wohnung und Staatsangehörigkeit. Eine Zuwiderhandlung kann mit einem Bußgeld geahndet werden.

Für Fragen zu dem überprüften Lebenssachverhalt gilt Folgendes:

  • Fragen über Art, Umfang und Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder der Tätigkeit sind grundsätzlich im Rahmen der Mitwirkungspflicht zu beantworten. Verstöße gegen diese Mitwirkungspflicht können mit einem Bußgeld geahndet werden.
  • Kristallisiert sich nach Art der Befragung heraus, dass ein Verstoß gegen Vorschriften möglich erscheint, steht Ihnen das Recht zu, die Antwort auf einzelne Fragen zu verweigern.

Achtung: Ergibt sich im Rahmen einer anlassunabhängigen Prüfung der Anfangsverdacht einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, ist die Prüfung abzubrechen und ein Ermittlungsverfahren einzuleiten. Es ist daher genau darauf zu achten, wann diese Verdachtsschwelle überschritten ist.

  • Bieten Sie den Beamtinnen / Beamten an, schwierig einzustufende Fragen schriftlich zu beantworten. Notieren Sie hierzu die konkreten Fragen. Konsultieren Sie vor einer Antwort Ihre Rechtsabteilung oder das Noerr Dawn Raid Team.
  • Beschränken Sie Ihre Aussagen auf das Nötigste (kurz, sachlich und präzise). Stellen Sie keine Mutmaßungen an, wenn Sie sich unsicher sind, wie eine Frage zutreffend zu beantworten wäre. Antworten Sie im Zweifel mit "Ich weiß es nicht".
  • Notieren Sie alle Fragen und die Antworten, die Sie hierauf geben.

Die Beamtinnen / Beamten dürfen elektronische Daten ohne Zustimmung weder kopieren noch die Datenträger sicherstellen (z.B. Festplatten, USB-Sticks, CD-ROM). Allerdings können sie verlangen, dass ihnen in elektronischer Form gespeicherte Geschäftsunterlagen in maschinenlesbarer Form ausgehändigt werden.

Im Rahmen der Abschlussbesprechung mit den Beamtinnen / Beamten ist bei der anlassunabhängigen Prüfung – sollte sie nicht in ein Ermittlungsverfahren übergegangen sein – festzuhalten, welche Dokumente geprüft und kopiert worden sind. Die Beamtinnen / Beamten werden hierzu in aller Regel am Ende der anlassunabhängigen Prüfung ein Verzeichnis mit Ihnen abstimmen, in welchem die kopierten Dokumente benannt und beschrieben werden.

Gleichen Sie diese Unterlagen mit Ihren eigenen Protokollen ab und stellen Sie sicher, dass alle geprüften Unterlagen, die von den Beamtinnen / Beamten gestellten Fragen und die entsprechenden Antworten protokolliert worden sind. Holen Sie dies ggf. nach.

Prüfen Sie das Verzeichnis auf Vollständigkeit. Achten Sie insbesondere darauf, dass die dort aufgeführten Bezeichnungen der kopierten Dokumente aussagekräftig sind (also nicht: „schmaler Leitz-Ordner“, sondern: „Rechnungen XY-GmbH 2014“).

Die ausführliche Dokumentation ist bei der anlassunabhängigen Prüfung sehr wichtig, da sich erst bei der späteren Durchsicht Anhaltspunkte für eine Straftat oder eine Ordnungswidrigkeit ergeben können. Wird sodann ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, kann anhand der Dokumentation nachvollzogen werden, wo mögliche Angriffspunkte liegen, und eine konkrete Verteidigung vorbereitet werden.

Dawn Raid Team

An jedem unserer Standorte stehen Ihnen Teams erfahrener Kolleginnen und Kollegen mit Rat und Tat zur Seite, sollten Sie von einer Durchsuchung überrascht werden. Brauchen Sie Unterstützung vor Ort, eine schnelle telefonische Auskunft oder möchten Sie im Nachgang zu einer Durchsuchung die rechtliche Situation bewerten, können Sie auf uns zählen.


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